VISION 2001 auf Innovationskurs

Industrielle Bildverarbeitung: Das Geheimnis der dritten Dimension Null-Fehlerstrategien in der Produktion sowie neuartige Perspektiven für industrielle Anwendungen durch 3D-Visionsysteme – VISION 2001 avanciert zum Weltbranchentreff

Menschen organisieren sich aufgrund ihrer Sozialisation immer dreidimensional. Sie sehen und hören in 3D und sie merken sich Informationen besser, die sie im Raum auffinden. Um so verständlicher das Bestreben der Experten für industrielle Bildverarbeitungssysteme (IBV) auch Maschinen räumliches Sehen einzuverleiben. Einen Blick auf die Marktentwicklung der IBV-Branche zeigt: „Der Anteil der dreidimensionalen Aufgaben wächst. Es wird ein gewichtiger Bereich werden“, konstatiert Manfred Hock, Leiter der Fachabteilung Industrielle Bildverarbeitung im VDMA. Er räumt allerdings ein: „Die 2D-Messtechnik wird dadurch nicht tot gesagt.“

In vielen Fällen kommt man denn auch mit zweidimensionaler Bilderfassung aus, etwa in der Halbleiterfertigung. Doch optische 2D-Messverfahren stoßen schnell an ihre Grenzen, wenn es um komplexe Bauteile oder Freiformobjekte geht. Um etwa zu überprüfen, ob die geometrischen Abmessungen eines Werkstücks exakt den Vorgaben entsprechen, müssen nicht nur Länge und Breite, sondern auch die Tiefe erfasst werden. Mechanische Abtastsysteme, die das Objekt Punkt für Punkt abtasten, übernahmen bisher diese Aufgaben. Hiermit lassen sich zwar hohe Genauigkeiten erreichen, doch die Messzeiten sind zu lang und die Vorrichtungen oft nicht robust genug. Anders die berührungslosen optischen 3D-Messverfahren. Neben punktförmig tastenden Methoden mit Lasern werden ebenso Laserlichtschnitt- und Lichtmodulationsverfahren angewendet. Bei großen Objekten oder bei geringen Genauigkeitsanforderungen lassen sich 3D-Strukturen auch aufgrund verschiedener Kameraansichten ermitteln.

Dreidimensionales Sehen auf der VISION 2001

Der Einzug des dreidimensionalen Sehens in die industrielle Praxis wird auch auf der Fachmesse VISION 2001, die vom 09. bis 11. Oktober 2001 auf dem Stuttgarter Killesberg stattfindet, im Rampenlicht stehen. Die VISION gilt innerhalb Europas als die führende Fachmesse für industrielle Bildverarbeitung und Identifikationstechnologien. Letztes Jahr konnte die VISION mit einem Rekordergebnis sowohl bei Besuchern (über 5000) als auch bei den Ausstellern (154) aufwarten. Auch dieses Jahr sei laut Projektleitung wieder mit einem Zuwachs zu rechnen. Kein Wunder, die Fachmesse VISION wächst mit der boomenden Branche. Denn allein in Deutschland konnte im Jahr 2000 mit 28, 4 Prozent Umsatzsteigerung, ein absolutes Spitzenergebnis erzielt werden. Das ergab die aktuelle Umfrage des VDMA. Erstmals überschritt dabei der Branchenumsatz mit 1,105 Milliarden Mark die eine Milliarde-Grenze. Trotz der verhaltenen Prognosen des VDMA-Präsidenten Eberhard Reuther für die Investitionsgüterindustrie, die von einem diesjährigen Produktionzuwachs von fünf Prozent ausgehen, rechnet die Bildverarbeitungsbranche heuer sogar mit 30 Prozent Umsatzplus. Derzeit sind erst „15 bis 20 Prozent Marktpotenzial erschlossen und täglich kommen neue Anwendungsgebiete hinzu“, begründet Hock. Machine Vision lasse es eben zu, Produkte zu miniaturisieren, Produktionsprozesse zu optimieren oder eine Null-Fehler-Strategie bei der Qualitätssicherung zu erreichen.

Null-Fehlerproduktion

„3D-Systeme ermöglichen einen völlig neuen Standard in der Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle“, erklärt Dr. Ing. Norbert Stein, Vorstandsmitglied des Fachverbands Robotik+Automation im VDMA sowie Beirat der Fachmesse VISION. „Wir können zum Beispiel die Konturen von Schweißnähten durch Kameras, die 40 Mal schneller sind als ein Fernsehbild, dreidimensional erfassen. Damit spüren wir im Produktionsprozess schon von vornherein Fehler auf, die man früher nur im Einzelfall durch Stichproben gefunden hätte“, so Stein weiter, der ebenso Chef der Vitronic GmbH, Wiesbaden, ist. Mit den 3D-Prüfsystemen von Vitronic werden sicherheitsrelevante Bauteile, wie Felgen eines Pkws, einer 100-prozentig zuverlässigen Qualitätskontrolle unterzogen. Das Bildverarbeitungssystem inspiziert die Schweißnaht dreidimensional auf unterschiedliche Fehlerkriterien: Es erkennt poröse Nähte oder fehlende Schweißnähte, es misst die Schweißnahtlänge sowie Verdickungen am Nahtanfang, es beurteilt Einbrand- und Randkerben, nicht gefüllte Endkrater sowie die Nahthöhe und -breite. Das System zur Profilvermessung bedient sich des Lichtschnittverfahrens. Mittels Triangulation werden die 3D-Informationen aufgenommen. Die hier eingesetzten 2000-Hz-Sensoren nehmen bis zu 2000 Profilschnitte pro Sekunde auf. So lasse sich etwa eine Prüfstrecke von 400 Millimetern innerhalb einer Sekunde auf einer Rasterung von 0,2 Millimetern je Profilschnitt erfassen. Die Höhenauflösung sowie die Auflösung quer zur Naht betrage dabei typischerweise 0,1 Millimeter.

Diese Art der Prüfung wird häufig von Robotern ausgeführt. Enis Ersü, Vorstandsvorsitzender der Fachabteilung Industrielle Bildverarbeitung im VDMA, meint denn auch: Nachdem Roboter lange Zeit als Arm einer Anlage arbeiteten, seien sehende Maschinen nun ein Quantensprung in der Automatisierungstechnik. So bilde die 3D- Roboter- oder Maschinenführung in kontinuierlichen Produktionsprozessen, neben der schnellen Farbbildverarbeitung, ein Schwerpunkt der Ziele, die einer neuen Forschungsinitiative „intelligentes elektronisches Auge“ zugrunde liegen soll. Nach Ersü könnten räumlich sehende Roboter beispielsweise den kostenintensiven Stop-and-go-Betrieb in der Produktionslinie der Automobilmontage vermeiden.

Neue Perspektiven durch 3D

Grundsätzlich eröffnen 3D-Messverfahren neue Perspektiven in der industriellen Anwendung. Experten der Automatisierung + Bildverarbeitung Dr. Wolf GmbH, Frickenhausen, haben das bereits 1989 erkannt und sich optischen 3D-Messverfahren verschrieben. Die Systeme der ABW erfassen Formen jeglicher Art. Sie digitalisieren z. B. Fußsohlen für die Herstellung orthopädischer Schuheinlagen oder scannen die Statue vom alten Fritz in Berlin, sie prüfen Karosserieteile und vieles mehr. Jedem ausgeleuchteten Bildpunkt eines Objektes, etwa einer Münze, werden neben Grauwert bzw. Farbe auch die kartesischen Koordinaten x,y,z zugeordnet. Man bekomme laut ABW-Experten damit ein bildgebendes 3D-Messverfahren mit optimaler lateraler Auflösung. Es weise keine 2pi Mehrdeutigkeiten auf und könne deshalb als absolut bezeichnet werden.

Auch Dr. Günter Doemens von der Siemens AG sieht in der 3D-Objekterfassung neuartige Optionen für die industrielle Praxis. Etwa im Fertigungs- und Montagebereich des Maschinenbaus wie der Turbinenfertigung, bestünde seit langem der Bedarf große Werkstücke berührungslos und ohne Retroreflektor dreidimensional zu erfassen. Aus mehreren Metern Entfernung ließen sich mit dem sogenannten Chirped-Laser-Radar-Verfahren Genauigkeiten an natürlichen Oberflächen von bis zu zehn Mikrometern erreichen, wobei die Datenrate bei einigen kHz läge. Mit der Color-Coded-Triangulation könne bei entsprechender zweidimensionaler Gestaltung des Farbcodes die Information für ein 3D-Bild mit einem einzigen Videobild erfolgen. Bisher seien immer mehrere Fernsehbilder notwendig gewesen. Spezielle CMOS-Bildwandler mit extrem kurzen Integrationszeiten, etwa 30 ns, würden es in Verbindung mit schnellen Laserdioden möglich machen, 3D-Bilder ausschließlich unter Verwendung von Halbleiterkomponenten zu erfassen. Die Datenrate der Bildpunkte läge dabei im MHz-Bereich. Nach Doemens eigenen sich 3D-CMOS-Sensoren insbesondere für die Raumüberwachung sowie die Steuerung von Transportvorgängen. Im Automobilbereich würden bereits Versuche mit 3D-CMOS-Sensoren laufen, die es zuließen, Airbags entsprechend der Sitzbelegung auszulösen.

VISION avanciert zum Weltbranchentreff

Exzellentes Forum für den technischen Fortschritt in der industriellen Bildverarbeitung wie etwa der 3D-Bilderfassung sind bereits seit Jahren die „Industrial Vision Days“, die von der Fachabteilung Industrielle Bildverarbeitung im VDMA, als Begleitprogramm der Fachmesse VISION arrangiert werden. Zählte die Veranstaltung im Jahr 1999 etwa 1300 Besucher, so stieg die Zahl in 2000 auf über 1500 Teilnehmer: Als Ursache des rasanten Erfolgs nennt Manfred Hock die gute Kombination zwischen „kompetenten Referenten, guten Beiträgen und einem möglichst breit gefächerten Angebot an Informationen.“ So werde es auf der VISION 2001 erstmals einen Vortragsblock geben, der von den amerikanischen Kollegen des Automated Imaging Association (AIA) gestaltet wird. Eine weitere Premiere: Die AIA wird mit einer Gruppe von Ausstellern aufwarten, was eine steigende Internationalität signalisiert. Damit avanciert die VISION 2001 zum Weltbranchentreff der industriellen Bildverarbeitung.

Media Contact

Silvia Stoll ots

Weitere Informationen:

http://www.messe-stuttgart.de

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