Bleifreier Glasdekor

Die bleioxidfreien Farben haben eine hohe Farbbrillanz und sind chemisch beständig. © Fraunhofer ISC / K. Selsam-Geißler

Fast schon wie kleine Kunstwerke muten die Parfumflakons an: Aus buntem Glas, edel geformt und mit Aufdrucken verziert. Doch die schmucken Grafiken und Schriften, die auf ihnen prangen, haben es in sich: Sie bestehen aus Spezialgläsern, die bis zu 50 Gewichtsprozent Bleioxid enthalten, das die Gesundheit gefährden kann.

Um die Flakons zu verzieren, vermahlen die Hersteller diese Spezialgläser zusammen mit Pigmenten, drucken sie als Pasten auf das Grundglas auf und schmelzen sie auf. Damit sind die Farben genauso dauerhaft wie das Glas selbst. Ähnlich wie die Parfümfläschchen werden auch Bierkrüge, Babyflaschen oder pharmazeutischen Glasprodukten wie Ampullen verziert und gekennzeichnet.

Eine neue EU-Richtlinie soll das gesundheitsschädliche Bleioxid künftig aus den Logos verbannen. Doch das ist alles andere als einfach: Denn sollen die Druckfarben dauerhaft halten, müssen sie aus chemisch beständigen Gläsern gefertigt sein.

Diese enthalten jedoch meist sehr viel Siliziumdioxid und müssten deshalb oberhalb von 1600 Grad Celsius aufgeschmolzen werden – eine Temperatur, die das Grundglas nicht ohne Verformungen aushalten würde. Das zugegebene Bleioxid senkt die Schmelztemperatur auf unter 600 Grad Celsius und schafft somit praktikable Verarbeitungsbedingungen.

Als Notlösung ersetzen die Hersteller das Bleioxid derzeit durch Bismutoxid. Das jedoch ist ebenfalls problematisch: Bismut gefährdet die Gesundheit wie auch die Umwelt. Zudem vervielfacht es den Preis für die Aufdrucke.

Bunter Dekor ohne Schadstoffe

Eine Neuentwicklung von Forschern des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung ISC in Würzburg und der Forschungsgemeinschaft Technik und Glas e. V. FTG kann das ändern. »Wir haben bleioxidfreie Dekorfarben entwickelt, die vollkommen ohne toxische Stoffe auskommen«, sagt Anika Deinhardt, Wissenschaftlerin am ISC. »Sie lassen sich gut verarbeiten, haben eine hohe Farbbrillanz und sind chemisch beständig. Zudem enthalten sie keine seltenen oder teuren Elemente.«

Basis dieser neuartigen Dekorfarben ist ein Glas, das zum großen Teil aus Zinkoxid besteht. Weitere Bestandteile sind Aluminiumoxid, Boroxid und Siliziumdioxid. Die Forscher gaben diesem Grundmaterial – quasi als Kurzform aller Bestandteile – den Namen ZABS.

Das Zinkoxid sorgt dafür, dass dieses Glas bereits bei 650 Grad Celsius schmilzt. Es übernimmt damit die Aufgabe, die bisher dem Bleioxid zufiel. »Durch verschiedene andere Zusätze können wir ZABS weiter modifizieren und sehr gut an die jeweiligen Anforderungen anpassen«, erläutert Deinhardt.

So konnten die Forscherin und ihre Kollegen beispielsweise die Schmelztemperatur eines speziellen Glases auf 580 Grad Celsius herabsetzen. In einem weiteren Schritt arbeiten sie daran, Gläser mit einer Verarbeitungstemperatur von nur 540 Grad Celsius herzustellen. Auf der glasstec präsentieren sie ihre Arbeiten und stellen Muster vor (Halle 15, Stand A33).

Wie das Glas, so die Dekorfarbe

Ein weiterer Punkt, auf den die Wissenschaftler achten müssen: Die Industriepartner nutzen verschiedene Glasvarianten für ihre Produkte. Werden die Gläser erwärmt, dehnen sie sich unterschiedlich stark aus – Experten sprechen dabei von den charakteristischen Ausdehnungskoeffizienten für das jeweilige Glas. Sollen die Aufdrucke nicht abplatzen, müssen sie sich genauso stark ausdehnen wie das Glas, auf dem sie aufgebracht sind. Für Kalknatronglas, aus dem beispielsweise Trinkgläser und -flaschen bestehen, funktioniert das bereits.

In einem halben Jahr, so hoffen die Forscher, haben sie die neuen Farben auch an Borosilikat-Glas angepasst, aus dem beispielsweise Ampullen, Laborglas oder Haushaltswaren wie Auflaufformen oder Tee- und Kaffeekannen hergestellt werden.

Im Auftrag der Forschungsgemeinschaft Technik und Glas e. V. FTG erstellen die Fraunhofer-Forscher einen Katalog aller entwickelten niedrig schmelzenden Gläser und ihrer Eigenschaften. So kann bei zukünftigen Entwicklungen auf diese Systeme zurückgegriffen werden – und Dekorpasten können mit wenig Aufwand an die Anforderungen der Hersteller angepasst werden.

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Anika Deinhardt Fraunhofer-Institut

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