CeBIT 2007: Surround-Sound für unterwegs
Bisher benötigte man für das ultimative Klangerlebnis riesige Datenpakete. Auf der CeBIT vom 15. bis 21. März zeigen die Forscher am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand (Halle 9, Stand B36), wie sich mit einer Software Audio-Dateien soweit verschlanken lassen, dass selbst Surround-Sound schnell übertragen und gespeichert werden kann.
Ein Sounderlebnis wie im Kino ist mit einer Datenflut verbunden: Der Tontechniker mischt Dutzende von Mikrofonaufnahmen ab und erstellt daraus Dateien, die über sechs Kanäle ausgestrahlt werden. Der Mitschnitt eines Robbie Williams Konzerts füllt eine Audio-DVD. Derartige Mammutdateien lassen sich auf der Surround-Sound-Anlage zu Hause oder im Auto abspielen. Für die schnelle Übertragung via Internetradio oder die Speicherung auf dem MP3-Player sind sie jedoch zu groß. »Damit Surround-Sound für den Verkauf über Webshops oder für Internetradios interessant wird, muss die Datenrate drastisch reduziert werden«, erklärt Matthias Rose vom Fraunhofer- Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen.
Die Forscher haben zusammen mit den Ingenieuren von Agere Systems einen neuen Weg zur Verschlankung der Datenpakete gefunden: Eine Software reduziert den Datenstrom auf ein Stereosignal. In diesen »Downmix« werden Zusatzinformationen hineingepackt. Anschließend lässt sich die Datei komprimieren und übertragen. Der Empfänger liest die Zusatzinformationen wieder aus und kann mit ihrer Hilfe das Original annähernd wieder herstellen. »Diese Vorgehensweise vereint die Vorteile der bisherigen Verfahren: Der Surround-Klang lässt sich platzsparend und in bester Qualität speichern oder übertragen – und genau das ist die Basis für MP3 Surround«, so Rose. »MP3 Surround ist die Multikanalerweiterung des Audiokompressionsstandards MP3.«
MP3 reduziert den Datenstrom: Diejenigen Signalanteile, die für das menschliche Ohr gar nicht oder nur schlecht wahrnehmbar sind, werden ungenau, dafür aber platzsparend abgespeichert. Dazu kommen die Zusatzinformationen für die verschiedenen Kanäle: beispielsweise die Differenzen der Laufzeiten der Audiosignale zwischen den Lautsprechern oder die Lautstärkeunterschiede. Die Software verpackt das codierte Stereosignal sowie die Soundparameter in eine MP3-Surround-Datei, die dann verschickt oder abgespeichert werden kann. Sie kann von jedem MP3-Player abgespielt werden: Besitzt dieser einen MP3-Surround-Chip und ist zudem an sechs Boxen angeschlossen, so kommt der Rundumklang voll zum Tragen, anderenfalls ertönt die Musik wie gewohnt in Stereo.
Der Siegeszug der neuen Technik hat begonnen: Erste Hersteller haben MP3 Surround bereits in ihre Produkte integriert: So stattet die deutsche Softwareschmiede Magix viele Entertainment- , Musik- und Videoprodukte mit MP3 Surround aus. Auch die professionelle Audiobearbeitungssoftware Cubase 4 von Steinberg unterstützt das neue Surroundformat. Und im Videobereich bietet die Firma DivX entsprechende DVDs. Zahlreiche große Unterhaltungselektronikkonzerne wie Samsung, Sony oder LG haben MP3 Surround lizenziert.
Trotz dieses guten Starts wird es noch dauern, bis sich der Rundumklang durchsetzt, das weiß auch Rose. »Es ist wie einst der Übergang von Mono zu Stereo: Der kam auch nicht über Nacht. Die Kunden stiegen nach und nach um und irgendwann war die neue Technik selbstverständlich.« Mittlerweile gibt es MP3 Surround sogar für mobile Abspielgeräte. Die Ensonido-Technik, die ein räumliches Klangerleben über Kopfhörer vermittelt, wurde von Forschern am IIS entwickelt: »Kopfhörer haben zwar nur zwei Kanäle – einen für das rechte und einen für das linke Ohr – wir können aber einen Surroundklang erzeugen, indem wir den Weg, den der Ton normalerweise von den Lautsprechern zu den Ohren zurücklegt, nachbilden: Ein Ton, der von links hinten kommt, trifft beispielsweise ein kleines bisschen früher und lauter am linken als am rechten Ohr ein. Diesen Unterschied bildet die Software nach«, sagt Jan Plogsties, Projektleiter der Ensonido-Entwicklung. So entsteht im Kopfhörer tatsächlich der räumliche Klangeindruck, wie man ihn von einer Surroundanlage gewohnt ist. Die Voraussetzung für den neuen Rundumklang ist bisher, dass der Musiktitel als Surrounddatei vorliegt. Damit sind zunächst nur neu abgemische Titel verfügbar. Doch das System soll sich schon bald öffnen: Die Erlanger Fraunhofer-Forscher arbeiten an einem MP3 SXKonverter, der aus Stereo-MP3-Musik Surroundmusik macht und diese auch gleich als MP3-Surround-Datei abspeichert. »Die MP3-Surround-Familie ist so nach allen Seiten offen«, sagt Rose. »Und bald schon wird MP3 Surround so selbstverständlich sein wie heute Stereo.«
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