CeBIT: Effiziente Computer können zwei mittelgroße Kohlekraftwerke ersetzen

Doch der Beitrag, den die IT-Wirtschaft zum Klimaschutz leistet, bleibt wenig visionär. Hersteller von Arbeitsplatzcomputern, Laptops oder Monitoren haben die Möglichkeit, besonders energieeffiziente und umweltfreundliche Geräte mit dem Blauen Engel auszeichnen zu lassen. Bislang ohne Resonanz.

„Noch gibt es keinen einzigen Hersteller, der sich um den Blauen Engel mit seinen aktuell geltenden Anforderungen beworben hat“, bedauert Siddharth Prakash, Wissenschaftler am Öko-Institut und Experte für umweltfreundliche Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). „Es wäre wünschenswert, dass sich die Industrie stärker für den Umwelt- und Klimaschutz stark macht und Geräte auf den Markt bringt, die energiesparend, langlebig und schadstoffarm sind.“

Dabei sind die Potenziale zur Energieeinsparung beim Alltagsgut Computer besonders groß. Würden alle deutschen Computeranwender energieeffiziente Desktop PCs, Notebooks und Bildschirme nutzen, könnten pro Jahr zwischen fünf und sieben Terawattstunden (TWh) Strom eingespart werden. Das entspricht der Stromerzeugung von etwa zwei mittelgroßen Kohlekraftwerken. So könnten Emissionen von drei bis fünf Millionen Tonnen CO2 pro Jahr vermieden werden.

Zu diesem Ergebnis kommt das Öko-Institut im Rahmen der Erarbeitung von Kriterien für das Umweltzeichen Blauer Engel mit dem Zusatz „Schützt das Klima“. Dieser Blaue Engel zeichnet besonders klima- und umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen aus.

Energieeinsparung von Arbeitsplatzcomputern, Notebooks und Computerbildschirmen

Mit dem Umweltzeichen ausgezeichnete Desktop PCs verbrauchen zwischen 50 und 75 Prozent weniger Energie als marktübliche Computer. Geht man von einem Bestand von 45 Millionen Arbeitsplatzrechnern in Deutschland aus – 32 Millionen in den privaten Haushalten und 13 Millionen im Bürobereich – würde man insgesamt zwischen 2,9 und 4,5 TWh Energie einsparen, wenn die Verbraucher gezielt gekennzeichnete Geräte kaufen würden. Das entspricht einem CO2-Reduktionspotenzial zwischen zwei und drei Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr.

Bei den tragbaren Computern sind die Einsparpotenziale mit 60 Prozent in einer vergleichbaren Größenordnung. Pro Gerät können Verbraucherinnen und Verbraucher jährlich zwischen 20 und 30 Kilowattstunden sparen. Mit dem Blick auf insgesamt 47 Millionen Laptops in Deutschland – 19 Millionen in den privaten Haushalten und 28 Millionen im Bürobereich – bedeutet dies eine Energieeinsparung von etwa 0,94 bis 1,4 TWh. Umgerechnet in CO2-Äquivalente sind dies zwischen 660.000 und 990.000 Tonnen pro Jahr.

Der Austausch effizienter Computerbildschirme kann noch einmal rund 40 Prozent Energie einsparen. Für den Gesamtbestand in Deutschland bedeutet dies circa eine Terawattstunde elektrische Energie und rund 710.000 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr.

„Die Einsparpotenziale sowohl für Strom als auch für Treibhausgase zeigen, dass im IKT-Bereich noch gewaltige unerschlossene Potenziale für mehr Klimaschutz liegen“, fasst Prakash zusammen. „Eine wahrhaft „grüne IT“ sollte sich hier mehr engagieren und den Verbrauchern mit dem Umweltzeichen den richtigen Weg weisen.“

Weniger Schadstoffe und besseres Recycling

Bei der Diskussion um Energie- und CO2-Einsparungen dürfen jedoch auch andere umweltrelevante Aspekte nicht vergessen werden, so die Experten des Öko-Instituts. Der Blaue Engel zeichnet deshalb solche Geräte aus, die besonders langlebig, schadstoffarm und recyclinggerecht sind.

Insbesondere eine lange Nutzung über möglichst viele Jahre verringert die Umweltbelastungen, denn der Herstellungsaufwand von IKT-Geräten ist sehr energie- und ressourcenintensiv. Geräte, die den Blauen Engel erhalten wollen, müssen deshalb unter anderem Ersatzteile für mindestens fünf Jahre vorhalten und einfach auf- und nachrüstbar sein.

Strenge Anforderungen stellt der Blauen Engel an die Wahl der eingesetzten Materialien und will so zum Schutz der Arbeiter in den Fertigungs- sowie Recyclingfabriken beitragen. So dürfen Umweltzeichen-Kandidaten beispielsweise keine Kunststoffe enthalten, die unter der EU-Chemikalienverordnung REACH als besonders besorgniserregend identifiziert wurden und für Mensch und Umwelt eine Gefährdung darstellen.

Nicht zuletzt erfüllen die mit dem Umweltzeichen ausgezeichneten Computerkomponenten strenge Anforderungen an eine recyclinggerechte Konstruktion. Die Geräte müssen so konstruiert sein, dass sie für Recyclingzwecke leicht manuell zerlegbar sind, damit Gehäuseteile, Batterien, Leiterplatten und Bildschirmeinheiten getrennt und weitgehend wiederverwertet werden können. Dies trägt zur Schonung kritischer, das heißt seltener Rohstoffe bei.

Ausführliche Tipps und Kaufempfehlungen für Arbeitsplatzcomputer, Notebooks und Computerbildschirme finden Sie auf der Plattform EcoTopTen des Öko-Instituts:

http://ecotopten.de/prod_computer_prod.php

PROSA – Methode für die Kriterienentwicklung für Umweltkennzeichnung

Für die Ableitung von Vergabekriterien für das Umweltzeichen prüft das Öko-Institut gemäß ISO 14024, welche Umweltauswirkungen für die potenzielle Vergabe eines Klimaschutz-Umweltzeichens relevant sind. Neben dem Energieverbrauch und dem Treibhausgasausstoß werden weitere wichtige Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte analysiert wie die umweltgerechte Produktion, die Schadstofffreiheit, der Gesundheits- und Arbeitsschutz, die Reparaturfreundlichkeit oder die Recyclingfähigkeit.

Grundlage für die Kriterienentwicklung ist jeweils eine Nachhaltigkeitsanalyse mit der vom Öko-Institut entwickelten Methode PROSA (Product Sustainability Assessment). Ausgehend von einer Marktanalyse beinhaltet PROSA eine vereinfachte Ökobilanz an repräsentativen Produkten, die Berechnung typischer Lebenszykluskosten und eine Nutzenanalyse der Produktgruppe. Entlang des Produktlebenswegs werden Nachhaltigkeitsaspekte untersucht und die besonderen Hot-Spots des Produktes identifiziert und daraus Vergabekriterien abgeleitet.

Weitere Informationen:

Studie „PROSA Stationäre Arbeitsplatzcomputer“ des Öko-Instituts:
http://www.oeko.de/oekodoc/1127/2011-012-de.pdf
Informationen zur Vergabegrundlage der Produktgruppe RAL-UZ 78a – Arbeitsplatzcomputer des Blauen Engels:

http://www.blauer-engel.de/de/produkte_marken/vergabegrundlage.php?id=215

Studie „PROSA Tragbare Computer“ des Öko-Instituts:
http://www.oeko.de/oekodoc/1106/2010-149-de.pdf
Informationen zur Vergabegrundlage der Produktgruppe RAL-UZ 78d – Tragbare Computer des Blauen Engels:

http://www.blauer-engel.de/de/produkte_marken/produktsuche/produkttyp.php?id=584

Studie „PROSA Computerbildschirme“ des Öko-Instituts:
http://www.oeko.de/oekodoc/1347/2011-455-de.pdf
Informationen zur Vergabegrundlage der Produktgruppe RAL-UZ 78c – Monitore des Blauen Engels:

http://www.blauer-engel.de/de/produkte_marken/produktsuche/produkttyp.php?id=620

Informationen zum Blauen Engel mit dem Zusatz „Schützt das Klima“ und nachhaltigen Konsum auf der Website des Öko-Instituts:

http://www.oeko.de/forschung_beratung/themen/nachhaltiger_konsum/dok/1122.php

Ansprechpartner:

Siddharth Prakash
Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institutsbereich Produkte & Stoffströme
Öko-Institut e.V., Büro Freiburg
Telefon: +49 761 45295-244
E-Mail: s.prakash(at)oeko.de
Projektleitung „Top 100 – Umweltzeichen für klimarelevante Produkte“:
Jens Gröger,
Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institutsbereich Produkte & Stoffströme
Öko-Institut e.V., Büro Berlin
Telefon: +49 30 405085-378
E-Mail: j.groeger(at)oeko.de
Das Projekt Top 100 – Umweltzeichen für klimarelevante Produkte wird im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiaitve (NaKI) vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gefördert.

Das Öko-Institut ist eines der europaweit führenden, unabhängigen Forschungs- und Beratungsinstitute für eine nachhaltige Zukunft. Seit der Gründung im Jahr 1977 erarbeitet das Institut Grundlagen und Strategien, wie die Vision einer nachhaltigen Entwicklung global, national und lokal umgesetzt werden kann. Das Institut ist an den Standorten Freiburg, Darmstadt und Berlin vertreten.

Neues vom Öko-Institut auf Twitter: http://twitter.com/oekoinstitut

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Weitere Informationen:

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