Sessel als Fitnesstrainer
Die Trends sind seit Jahren eindeutig: Wir werden nicht nur immer älter, sondern wir sind im Alter auch immer mehr auf uns allein gestellt. Forscher arbeiten deshalb schon heute an Technologien, die uns später im Alltag unterstützen sollen.
Eine davon stellt das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS aus Erlangen vom 5. bis 9. März 2013 auf der Messe CeBIT in Hannover vor (Halle 9, Stand E08): Einen intelligenten Sessel, in den wir uns nicht nur gemütlich vor den Fernseher lümmeln können, sondern der uns gleichzeitig dazu motiviert, uns gesund und fit zu halten.
Von außen betrachtet sieht GEWOS wie ein handelsüblicher Sessel aus. Auch beim Sitzen spürt man keinen Unterschied. Doch der erste Eindruck täuscht. Ein Blick ins Innere offenbart Sensoren, Platinen und allerhand Drähte. Eingebaut in Sitzkissen, Rücken- und Armlehne misst die eingebaute Mikrosystemtechnik kontinuierlich den Gesundheitszustand der sitzenden Person. »GEWOS ermittelt die wichtigsten Körperfunktionen und die korrekte Sitzposition. Weichen die Werte von den Vorgaben ab, zeigt das System dem Nutzer, wie er seine Ausdauer trainieren oder gesünder sitzen kann«, erklärt Sven Feilner aus der Abteilung Bildverarbeitung und Medizintechnik am IIS.
Fernsehen mal ganz anders
Via Bluetooth und WLAN landen die Daten über einen im Sessel integrierten Tablet-PC auf dem Fernseher. »Der Nutzer sieht hier auf einen Blick, wie sich Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung des Bluts, Blutdruck oder Körpergewicht in einem bestimmten Zeitraum entwickeln. Mit Hilfe der aufgezeichneten Daten erstellt ein virtueller Gesundheitsassistent auf den Anwender angepasste Trainingspläne und optimiert diese je nach Trainingsfortschritt«, beschreibt Feilner das System. Bewegen sich die Werte nicht innerhalb eines vorgegebenen Bereichs, empfiehlt der Gesundheitsassistent beispielsweise mehr Bewegung. Der Sessel verwandelt sich dann in eine Rudermaschine, wie man sie aus dem Fitnessstudio kennt. Die Armlehnen werden dabei zu Rudern und unten klappt eine Stütze für die Füße aus. Einzelne Übungen lassen sich einfach über den Fernseher abrufen. »Auch hier zeichnen die Sensoren alle Messwerte auf und der Gesundheitsassistent zeigt an, wenn Übungen nicht richtig ausgeführt werden«, fährt Feilner fort.
Eine erste Bewährungsprobe hat der Sessel bereits erfolgreich gemeistert. Auf dem AAL-Kongress (Ambient Assisted Living) 2012 im vergangenen Jahr testeten 100 Senioren GEWOS und wählten das System unter 14 verschiedenen Assistenzprodukten auf den ersten Platz. »Die nächsten Schritte sind eine Langzeitevaluation für den letzten Schliff. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir den Sessel in absehbarer Zeit zusammen mit unseren Partnern auf den Markt bringen können«, blickt Feilner in die Zukunft. Um die Möglichkeiten des Systems weiter auszubauen, wollen die Wissenschaftler aus Erlangen den Spieltrieb des Menschen nutzen. Die Senioren sollen nicht nur beim Rudern gegen imaginäre Konkurrenten antreten können, sondern auch durch Gedächtnisspiele zum Mitmachen angeregt werden. Zum Beispiel, indem sie sich einzelne Segmente des Sessels merken und diese im Anschluss mit der entsprechenden Körperpartie belasten müssen. Auf der CeBIT können die Besucher des Fraunhofer-Standes den Sessel live testen.
Sechs Partner, ein Ziel
An dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt »GEWOS – Gesund wohnen mit Stil« sind neben dem IIS sechs weitere Partner aus Wirtschaft und Forschung vertreten. Ziel ist es, ein Assistenzsystem zu schaffen, das einfach zu bedienen ist und von den Senioren akzeptiert wird. Neben dem Bewegungssessel umfasst GEWOS eine Webplattform als zentrale Schnittstelle des Informationsmanagements. Darüber lassen sich die gesundheitsrelevanten Daten abrufen sowie Ärzte und Gesundheitsexperten einbinden. »Senioren sollen sich so lange wie möglich selbstständig in ihren eigenen vier Wänden bewegen können. Damit das gelingt, müssen sie gesund bleiben. Mit dem Bewegungssessel können sie sich auf einfache Weise und motivierende Weise fit halten«, schließt Feilner.
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