COMPOSITES EUROPE 2011 zeigt Lösungen für automatisierte CFK-Serienfertigung im Automobilbau
Doch zwei Kriterien beeinflussen die großserienreife Herstellung hochwertiger Fahrzeugbauteile aus Faserverbundwerkstoffen. Zum einen sind dies die Zykluszeiten, zu anderen die Stückzahlen, die für eine wirtschaftliche Produktion erforderlich sind. Die Industrie arbeitet daran, die Prozesstechnik von der heute praktizierten Hand-Laminierung in eine automatisierte Serienfertigung umzustellen.
Die neuesten Entwicklungen sind vom 27. bis 29. September auf der Fachmesse COMPOSITES EUROPE in Stuttgart zu sehen.
Neben den Verarbeitern von Faserverbundkunststoffen, die ihre aktuellsten Entwicklungen vorführen, stellen auf dem Stuttgarter Messegelände zahlreiche Maschinen- und Anlagenhersteller ihr Können unter Beweis und zeigen an ihren Messeständen hochmoderne Fertigungstechnik.
Ein Beispiel ist die Reaktionstechnik-Division der KraussMaffei Gruppe. Automobiler Leichtbau mit faserverstärkten Kunststoffen ist für den Geschäftsbereich ein Schwerpunktthema. Das Unternehmen hat ein Modular-Konzept entwickelt, das die Herstellung eines CFK- Bauteils im HD-RTM-Verfahren (Hochdruck – Resign Transfer Molding) mit allen Arbeitsschritten über die gesamte Prozesskette abbildet. Diese beginnt beim Konfektionieren der Fasern und der Herstellung der trockenen Faserpreforms, welche in ein speziell von KraussMaffei konstruiertes und gefertigtes Werkzeug eingebracht werden.
„Für uns besonders interessant ist dabei die Konstruktion des Formenträgers vom Typ MX600 mit Komponenten der Spritzgießtechnik“, erklärt Frank Peters, Geschäftsführer bei Krauss-Maffei Technologies GmbH. „Mit diesem Modularkonzept nutzen wir bewährte Bauteile und die Vorteile aus der Spritzgießmaschinen-Serienfertigung, um anwendungsspezifische Lösungen zu bauen“. Die Kunden spürten den Vorteil anhand einer hochwertigen Technik und in kürzeren Lieferzeiten der ausgereiften Maschinen, beispielsweise den zentralen Formenträger der HD-RTM Anlage.
Dazu gehört eine RimStar Thermo Misch- und Dosiereinheit, mit einer weltweit neuartigen Edelstahl-Pumpe aus Münchener Eigenfertigung, die den RTM-Hochdruckmischkopf versorgt. Dieser vermischt die Komponenten in Hochdrucktechnik, dosiert internes Trennmittel zu und bringt den Matrixwerkstoff mit niedrigen Drücken in die Form ein. Im geschlossenen Werkzeug werden die Kohlefasern mit dem Harz durchtränkt, anschließend erfolgt die Aushärtung in einer Taktzeit von unter vier Minuten. Danach werden die Teile entnommen und der Fertigbearbeitung in einer Fräszelle vom Typ RoutingStar zugeführt. CFK-gerechte Schneidwerkzeuge und eine optimierte, patentgeschützte Absaugung innerhalb des Fräskopfes verringern Staub und Verschmutzung der Bauteile.
Auch die Composite-Spezialisten von Hennecke sind auf der COMPOSITES EUROPE präsent. Der Maschinenbauer hat einen verfahrenstechnischen Ansatz entwickelt, der eine Antwort auf die wachsenden Anforderungen hinsichtlich Effizienz und Ökologie im Automotive-Bereich darstellt: die Herstellung von faserverstärkten Strukturbauteilen im HP-RTM-Verfahren (High-Pressure – Resign Transfer Molding). Gegenüber dem klassischen RTM-Verfahren kann die neue Technologie mit einer schnellen Injektion des reaktiven Gemisches in die Kavität aufwarten. Das sorgt für extrem kurze Aushärtezeiten und garantiert somit eine Taktzeitoptimierung im gesamten Prozess. So lassen sich auch hohe Stückzahlen adäquat realisieren.
Zu den langjährigen Ausstellern auf der Fachmesse gehören ebenfalls die Material-Experten von Huntsman. Das Unternehmen ist an einem Entwicklungsprojekt für ein Elektrokonzeptfahrzeug, das auf umweltfreundlichen Materialien basiert, beteiligt. Die so genannte „U-Box“ wurde von der französischen Firma D3 entworfen und besteht aus erneuerbaren Flachs- und Basaltfasern als Verstärkung der Verbundwerkstoff-Teile in Kombination mit neuen Harzen, sowie einem halogenfreien, flammbeständigen Harz. Huntsman rüstet das Fahrzeug mit Composite-Felgen aus und liefert ebenso Verbund-Klebstoffe, die der Konstruktion eine hohe Festigkeit, Flexibilität und Temperaturbeständigkeit verleihen.
Die Beispiele zeigen, welche Bedeutung Faserverbundkunststoffe für den Automobilbau auf der COMPOSITES EUROPE einnehmen. Die Fachschau greift damit die aktuellen Entwicklungen der Branche auf und bietet eine Plattform für neue Lösungen. Und kaum etwas beschäftigt die Fahrzeugbauer derzeit so intensiv, wie die Optimierung der Verarbeitungsprozesse zum umfangreicheren Einsatz von Verbundwerkstoffen.
Als Vorreiter gilt hier BMW mit dem Megacity Vehicle, das ab 2013 in Leipzig als erstes serienmäßig hergestelltes Elektroauto vom Band rollen soll. Gefertigt wird es fast ausschließlich aus CFK. Mit dem „LifeDrive“-Konzept haben die Ingenieure des Unternehmens die Fahrzeugarchitektur neu aufgestellt und sie an die Anforderungen und Gegebenheiten der Mobilität von morgen angepasst. Das „Drive“-Modul – das Chassis – bildet das stabile Fundament und integriert Batterie, Antrieb sowie Struktur- und Basis-Crashfunktionen in einer Struktur. Der Gegenpart, das „Life“-Modul, besteht hauptsächlich aus einer hochfesten und sehr leichten Fahrgastzelle aus CFK.
Durch die intensive Werkstoff- und Verfahrensentwicklung hat sich die BMW Group in den letzten zehn Jahren große Kompetenz in CFK-spezifischen Fertigungsprozessen, zielführendem Werkzeugeinsatz und der Optimierung von Zykluszeiten erarbeitet. So ist es gelungen, im Werk Landshut den Fertigungsprozess für CFK-Bauteile so weiterzuentwickeln und zu automatisieren, dass nun auch die wirtschaftliche und qualitativ hochwertige Großserienfertigung von Karosserie-Komponenten aus möglich ist. Produziert werden die Fasern übrigens im Rahmen eins Joint Ventures mit der SGL Group – ebenfalls Aussteller auf der COMPOSITES EUROPE.
Das Vorpreschen von BMW zwingt auch andere Automobilhersteller, den Einsatz von Kohlefasern in ihren Modellen zu intensivieren. So plant Mercedes nach der Erprobung im Supersportwagen SLR ab dem kommenden Jahr auch in normalen Baureihen mehr CFK zu verarbeiten. Dazu wurde eine Partnerschaft mit dem japanischen Kohlefaser-Produzenten Toray eingegangen. Geplant ist, CFK nun bei Fahrzeugserien in der Größenordnung von 20.000 bis 40.000 Einheiten einzusetzen. Generell will das Unternehmen jedoch weiterhin die Mischbauweise aus Stahl-, Aluminium- und eben auch Kohlefaser-Elementen bevorzugen.
Auch Audi bündelt seine Verbundwerkstoff-Kompetenzen und hat dazu am Standort Neckarsulm ein interdisziplinäres Technikum für kohlefaserfaserverstärkte Kunststoffe eingerichtet. Ziel ist, die Prozesse der CFK-Technologie für den Einsatz in der Serienfertigung zu industrialisieren. Das Unternehmen will Composites in einem intelligenten Material-Mix zum Beispiel mit Aluminium und Stahl so einsetzen, dass sie zur jeweils besten Wertschöpfung führen. Das Prepreg-Verfahren, welches beim Audi R8 GT angewendet wird, hat mit rund vier Stunden eine hohe Herstellzeit und eignet sich vor allem für die Kleinserienfertigung. Dagegen birgt das RTM-Verfahren ein höheres Potenzial für eine wirtschaftliche Automatisierung. Es wird beim Audi R8 Spyder eingesetzt. Damit liegen die Zykluszeiten bei lediglich 30 Minuten.
Mit dem neuen Advanced Composites Research Center (ACRC) in Sant'Agata Bolognese hat auch Lamborghini 2010 ein Forschungszentrum für Kohlefaser-Technologie ins Leben gerufen. Schon in der Aufbauphase wurde hier ein neuer, effizienter Produktionsprozess für hochkomplexe CFK-Strukturen entwickelt und durch diverse Patente gesichert – der Durchbruch für die nächste Generation von Kohlefaserkomponenten. Der Fokus der Ingenieure liegt auf den so genannten „Out of Autoclave“-Technologien – etwa RTM, Vakuum-RTM, wo das Kunstharz per Unterdruck um die Kohlefasern verteilt wird, oder der Druckformung, bei der das Material in einer Presse geformt wird.
Die Initiativen der Automobilhersteller belegen, welche Potenziale der Fahrzeugmarkt den Verarbeitern von Kohlefaserverbundwerkstoffen und den Herstellern entsprechender Maschinen- und Anlagentechnik bietet. Nur eine Tatsache könnte den CFK-Siegeszug bremsen: Da die Fasern auch in der Luftfahrt, im Sport und in diverser Anlagentechnik in großem Maße zum Einsatz kommen, warnen erste Experten bereits davor, dass nicht genug Material für Volumenmodelle verfügbar sein könnte.
Über die COMPOSITES EUROPE:
Die Fachmesse COMPOSITES EUROPE zeigt vom 27. bis 29. September 2011 in Stuttgart die gesamte Prozesskette von Verbundwerkstoffen – vom Rohmaterial über Halbzeuge und die Verarbeitung bis hin zu neuesten Technologien, Maschinen und Services. Zur sechsten Auflage der Messe werden mehr als 300 internationale Aussteller erwartet. Veranstaltet wird die COMPOSITES EUROPE von Reed Exhibitions in Kooperation mit dem europäischen Branchenverband EuCIA und der internationalen Fachzeitschrift Reinforced Plastics. Den Auftakt zur Messe bildet vom 26. bis 27. September wieder die Internationale Tagung der AVK – Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V.
Weitere Informationen, Pressemittielungen und Bilder zur COMPOSITES EUROPE finden Sie unter www.composites-europe.com
Für Rückfragen steht Ihnen die Presseabteilung der Reed Exhibitions Deutschland GmbH gerne zur Verfügung.
Kontakt:
Dr. Mike Seidensticker
Pressesprecher
Tel.: +49 (0) 211 90191-128
Fax: +49 (0) 211 90191-138
Mike.Seidensticker@reedexpo.de
Christian Reiß
Pressereferent
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Fax: +49 (0) 211 90191-138
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