Medica 2017: Elektrobenetzung und konfokale Mikroskopie – ein starkes Team

Halterung mit EWOD-Chip und Anschlüssen für die Ansteuerung. © Fraunhofer FIT

Alles, was man dafür braucht, sind winzige Probetröpfchen der Wirkstoffe – so klein, dass sie gerade noch mit dem Auge sichtbar sind. Legt man eine elektrische Spannung an, verändern die Tröpfchen ihre Form, lassen sich auseinanderziehen, hin und her bewegen oder spalten.

Das zugrundeliegende physikalische Prinzip nennt sich Elektrobenetzung oder Englisch »Electrowetting«: Ein elektrisches Feld wirkt auf die elektrischen Ladungen in den Tröpfchen. So können die Tropfen gezielt gehandhabt werden.

Mit Elektrobenetzung lassen sich auch zwei unterschiedliche Probentröpfchen zu einem vereinigen. »Der Clou ist, dass es uns jetzt erstmals gelungen ist, dabei die Abläufe bei der Interaktion der beiden Tröpfchen auf Einzelmolekülniveau zu beobachten – und somit die gesamte Prozesskette zu erfassen«, sagt Lorenz Sparrenberg, der am Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT das Forschungsprojekt leitet.

Tiefe Einblicke mit konfokaler Mikroskopie

Dafür entwickelten Sparrenberg und sein Team ein System zur Elektrobenetzung (»Elektrowetting-on-Dielectric-System« oder kurz »EWOD«), das aus mehreren Elektroden besteht. Je nachdem, wie die Elektroden geschaltet sind, bewegen sich die Tröpfchen voneinander weg oder aufeinander zu, treffen an einer vorher definierten Stelle aufeinander und vermischen sich. Dabei werden sie mit einem konfokalen Mikroskop beobachtet, das hochauflösende Messungen ermöglicht.

»Die Kombination aus Elektrobenetzung und konfokaler Mikroskopie ermöglicht es uns, die Interaktionen unter natürlichen Bedingungen, wie sie auch im Körper stattfinden, zu untersuchen. In der Pharmakologie ist es beispielsweise wichtig möglichst genau zu wissen, wie Arzneiwirkstoffe wirken und was in welcher Zeit passiert.«

Herkömmliche Laboruntersuchungen liefern nicht nur weniger Informationen. Sie benötigen auch wesentlich größere Probenmengen und dauern länger, ein enzymatisches Assay beispielsweise rund 15-20 Minuten. »Mit unserem System könnten wir in einer halben Minute ein Ergebnis haben.« Mit EWOD und konfokaler Mikroskopie ließe sich auch die Interaktion zwischen komplementären DNA-Strängen, Antikörper und Antigen oder Wechselwirkungen zwischen Enzym und Substrat untersuchen – vieles ist denkbar.

Prädestiniert für die Point-of-Care-Diagnostik

Das System ist außerdem prädestiniert für den Einsatz im Bereich der sogenannten Point-of-Care-Diagnostik, also für diagnostische Untersuchungen, die nicht in einem Zentrallabor, sondern vor Ort am Klinikbett oder in der Arztpraxis durchgeführt werden. Als eine Art Westentaschenlabor (»Lab-on-a-Chip«) könnte es schnell und unkompliziert Ergebnisse von Blut- oder Urinproben liefern.

»Bisher konnten wir zeigen, dass es möglich ist, unser EWOD mit konfokaler Mikroskopie zu kombinieren und so Informationen auf Einzelmolekülniveau zu gewinnen. Um konkrete Anwendungen zu entwickeln, sind wir jetzt auf der Suche nach Partnern aus der Industrie«, sagt Sparrenberg.

Das System wird auf der Messe MEDICA vom 13. bis 16. November in Düsseldorf präsentiert (Fraunhofer-Gemeinschaftsstand in Halle 10, Standnummer: 10 G05 \ H04).

https://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2017/November/ein-starke…

Media Contact

Britta Widmann Fraunhofer Forschung Kompakt

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Messenachrichten

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Selen-Proteine …

Neuer Ansatzpunkt für die Krebsforschung. Eine aktuelle Studie der Uni Würzburg zeigt, wie ein wichtiges Enzym in unserem Körper bei der Produktion von Selen-Proteinen unterstützt – für die Behandlung von…

Pendler-Bike der Zukunft

– h_da präsentiert fahrbereiten Prototyp des „Darmstadt Vehicle“. Das „Darmstadt Vehicle“, kurz DaVe, ist ein neuartiges Allwetter-Fahrzeug für Pendelnde. Es ist als schnelle und komfortable Alternative zum Auto gedacht, soll…

Neuartige Methode zur Tumorbekämpfung

Carl-Zeiss-Stiftung fördert Projekt der Hochschule Aalen mit einer Million Euro. Die bisherige Krebstherapie effizienter gestalten bei deutlicher Reduzierung der Nebenwirkungen auf gesundes Gewebe – dies ist das Ziel eines Projekts…