Software im Auto – Variantenvielfalt im Griff
Autos sind rollende Computer – bis zu 80 eingebettete Rechensysteme, Steuergeräte und rund 1 Gigabyte Software steuern in modernen Fahrzeugen sämtliche Komponenten und technische Extras.
Das reicht vom Bremspurassistenten über den CD-Player bis hin zum Navigationsgerät Ein Ende des Softwarebooms ist nicht absehbar: Der Wunsch nach mehr Komfort und Sicherheit führt zu immer komplexeren Systemen, deren einwandfreies Zusammenspiel zusehends schwieriger wird. Dass die Komponenten meist von verschiedenen Zulieferern mit unterschiedlichen technischen Standards kommen, erschwert die Integration der Module.
Hier will die 2003 gegründete Initiative AUTOSAR (Automotive Open System Architecture), in der sich zahlreiche Hersteller und Zulieferer aus der Automobilindustrie zusammengeschlossen haben, bessere Bedingungen schaffen: Um die System- und Softwarekomponenten nahtlos ins Auto einbauen zu können, entwickeln die Partner den bislang fehlenden einheitlichen Standard für Software im Auto.
Auf der embedded world 2010 präsentiert sich Fraunhofer erstmals als Premium Member der AUTOSAR-Entwicklungspartnerschaft. Das Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST in Berlin, das Fraunhofer-Institut für offene Kommunikationssysteme FOKUS in Berlin und die Fraunhofer-Einrichtung für Systeme der Kommunikationstechnik ESK in München unterstützen die Gemeinschaft von Automobil- und Softwareherstellern sowie Zulieferern mit ihrer Expertise auf den Gebieten Systembeschreibungen, Diagnose und Automobil-Betriebssysteme sowie Test- und Qualitätssicherung. Zudem treiben sie die Austauschbarkeit von Softwarekomponenten zwischen verschiedenen Fahrzeugplattformen voran.
Alle eingebetteten Systeme müssen je nach Fahrzeugtyp individuell angepasst werden – für jedes Auto einzeln würde dies einen immensen Aufwand bedeuten. Dass ein Kunde beispielsweise keine Klimaanlage in seinem Golf GTI haben möchte, muss der Entwickler vorab geplant und die Auswirkung im Zusammenspiel der 80 Steuergeräte berücksichtigt haben. Hier schafft das ISST Abhilfe und zeigt mit der aXBench eine Software, mit der sich die zahllosen Fahrzeugfunktionen für die verschiedenen Automodelle und -varianten individuell zusammensetzen lassen. Dabei bietet die aXBench in der neuen Version ein verbessertes Variantenmanagement, das den Entwickler beim Design der Systemarchitektur strategisch unterstützt. Unterschiedliche Kundenwünsche sind damit leichter umsetzbar.
Die aXBench hilft Ingenieuren, verschiedene Lösungswege zu vergleichen. Sie können so zu einem sehr frühen Zeitpunkt die zu erwartende Codegröße, den Entwicklungs- und Testaufwand abschätzen. „Varianz bekommt man nicht dadurch in den Griff, eine Software nachträglich mit so vielen Parametern auszustatten, dass alle Konfigurationsmöglichkeiten abgedeckt sind“, erklärt Dipl. Ing.
Markus Hardt vom ISST und AUTOSAR-Bevollmächtigter der Fraunhofer-Gesellschaft. „Vielmehr muss Varianz von Anfang an systematisch eingeplant werden.“ Die Funktionsweise der aXBench demonstrieren die Forscher auf der Messe anhand eines interaktiven Modelltrucks.
Die Arbeit der Entwickler von AUTOSAR-Softwarekomponenten wollen die Forscher des ESK vereinfachen. Im Auftrag der BMW Group haben die Forscher mit DLT (Diagnostic Log and Trace) ein Modul mit einem integrierten Übertragungsprotokoll und Speicherformat entwickelt. Dieses ermöglicht es Entwicklern, Informationen über den Zustand ihrer AUTOSAR-Software mit Hilfe von Log-and-Trace-Daten anzuzeigen. „Da das DLT über einheitliche Schnittstellen und ein einheitliches Übertragungsprotokoll und Ablageformat für Log- und Trace-Daten verfügt, wird die Arbeit der Systemintegration und Softwareabnahme enorm vereinfacht,“ sagt Dipl. Ing. Falk Langer, Wissenschaftler am ESK.
Für optimalen Insassenschutz und Komfort müssen die Steuerungssysteme im Fahrzeug zuverlässig funktionieren. Erfolgt das auch in Unfallsituationen? Das ist letztendlich eine Frage an die Qualitätssicherung, die sich mit systematischen Testverfahren und standardisierten Testumgebungen beantworten lässt. Auf der Messe demonstriert Fraunhofer FOKUS neue Technologien für Softwaretests und Qualitätssicherung – darunter den Standard „TTCN-3 embedded“. Er soll die Automobilindustrie vor allem beim Testen von sicherheitskritischen Systemen unterstützen. „TTCN-3 embedded“ ermöglicht es, die Prozesse zur Qualitätssicherung der Software-Komponenten sicherer, effizienter und kostengünstiger zu gestalten. Zudem bietet der Standard einen systematischen und herstellerübergreifenden Testansatz für die Qualitätssicherung im Fahrzeug.
Mit dem Programm Assessment Studio zeigt das Fraunhofer FOKUS eine Lösung, die Entwickler beim Erstellen von AUTOSAR-konformen Anwendungen für eingebettete Systeme unterstützt. Ebenso wie ein Redakteur seinen Text vor dem Publizieren auf Rechtschreibfehler prüft, müssen Entwickler und Ingenieure ihre Funktionsmodelle zunächst auf inhaltliche Standardkonformität überprüfen, bevor effiziente und sichere Software generiert wird. Dabei ist es unerlässlich, dass die Modelle korrekt und konsistent sind. Bislang erledigen Modellierer diese Aufgabe manuell, bei komplexen Modellen ist das manuelle Verfahren jedoch sehr fehlerträchtig und zeitaufwändig. Assessment Studio erledigt diese Aufgabe automatisch. In Sekundenschnelle werden die Funktionsmodelle und abhängige Dokumente auf ihre Konformität plattformunabhängig geprüft. Hierfür liefert das Programm die entsprechenden Regeln wie beispielsweise AUTOSAR gleich mit. „Mit unserem Programm können die Ingenieure sicher sein, dass ihre Anwendungen AUTOSAR-konform sind,“ sagt Dipl. Ing. Tibor Farkas, Projektleiter am FOKUS.
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