Zwischen Informationspflicht und Persönlichkeitsrechten
Archive sind nicht nur Orte, an denen Wissen und Erinnerung gelagert sind. Hier werden auch Schicksale und persönliche Geschichten verwahrt, die für die Nachwelt von Bedeutung, aber nicht immer unproblematisch sind. Eine Aufgabe der Archivare ist es daher, zwischen Informationsbedürfnissen und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte abzuwägen.
Dies ist nicht immer ganz einfach, auch wenn es gesetzliche Vorgaben gibt. So beträgt die Schutzfrist nach dem Thüringer Archivgesetz 30 Jahre – das ist jene Zeitspanne, die vergangen sein muss, ehe eine Akte nach ihrer Schließung eingesehen werden kann. Um die Wissenschaft und Forschung nicht zu behindern, bestehen Möglichkeiten, einen Antrag auf Aufhebung der Schutzfristen zu stellen. Wer diese Möglichkeiten hat, was dabei zu berücksichtigen ist und welche weiteren gesetzlichen Bestimmungen zu beachten sind, das ist Thema eines Workshops zu „Schutz- und Sperrfristen“, der am 8. April an der Friedrich-Schiller-Universität Jena stattfindet. Ausgerichtet wird er vom Mitteldeutschen Archivverbund, dem Zusammenschluss der Archive aus dem Universitätsverbund Halle-Jena-Leipzig. Erwartet werden über 40 Archivare, Juristen, Politiker, Datenschützer, Historiker und andere Wissenschaftler.
Thematisiert werden während des Treffens auch Fragen darüber, wer Personen der Zeitgeschichte sind und wann keine Schutzfristen für die Dokumente gelten, die sich auf diese Personen beziehen. Was bedeuten die Regelungen des Thüringer Informationsfreiheitsgesetzes für die Bereitstellung von Unterlagen, die laut Archivgesetz noch einer Schutzfrist unterliegen würden, lautet eine weitere Frage. Außerdem werden Probleme des Urheberrechts schriftlicher Texte und des Rechts am eigenen Bild besprochen.
Archivare unterscheiden im Allgemeinen zwischen Schutzfristen und Sperrfristen. Sperrfristen sind Fristen, welche Einrichtungen, die Unterlagen an Archive abgeben, selbst festlegen können. Beispielsweise kann jemand einen Nachlass ins Archiv geben und verfügen, dass die Dokumente erst nach 42 Jahren eingesehen werden dürfen. Auch bei den Schutzfristen gelten unterschiedliche Zeiträume: Neben den 30 Jahren für Verwaltungsschriftgut sind besonders wichtig die Schutzfristen für personenbezogene Akten. In Thüringen gelten zehn Jahre nach dem Tod oder, wenn das Todesdatum nicht ermittelbar ist, 90 Jahre nach der Geburt einer Person. Erst dann können die Unterlagen, die sich auf diese Person beziehen, zur öffentlichen Benutzung freigegeben werden.
„Wir erwarten spannende und kontroverse Diskussionen“, ist sich der Leiter des Universitätsarchivs Jena, Dr. Joachim Bauer, sicher. „Denn es geht um Fragen, die jeden Menschen interessieren, der mit Datenschutz zu tun hat. Und wer beispielsweise zu entscheiden hat, ob ein Journalist eine Akte einsehen darf oder nicht, weiß wie wichtig eine exakte Auslegung der gesetzlichen Vorgaben ist“, kennt Bauer die Problematik aus eigener Erfahrung.
Kontakt:
Dr. Joachim Bauer
Archiv der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Bibliotheksplatz 2, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 940090
E-Mail: joachim.bauer[at]uni-jena.de
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Weitere Informationen:
http://www.uni-jena.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Seminare Workshops
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