Künstliche Intelligenz zwischen Ingenieurswissenschaft und Glaubensfrage
Computersysteme entwickeln sich zunehmend zu persönlichen Assistenten, die den Anwender in allen Lebenslagen unterstützen sollen. Für die einen ist das technische Spielerei oder sogar Überforderung durch Technik, für die anderen die Verwirklichung von jahrzehntelanger Forschung auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz (KI). Sprachdialogsysteme sind die wohl alltäglichste Entwicklung, die diesen Trend belegen kann. Mit Joseph Weizenbaum und Wolfgang Wahlster diskutierten zwei der profiliertesten Informatiker der Gegenwart auf der diesjährigen Call Center World in Berlin über Chancen und Grenzen der Mensch-Maschine-Kommunikation.
Weizenbaum, der in den 60er Jahren zu den bahnbrechenden Forschern auf dem Gebiet der Informatik gehörte und unter anderem am Massachusetts Institute of Technology (MIT) arbeitete, kritisierte auf der Berliner Fachmesse nicht die technischen Möglichkeiten grundsätzlich, sondern die teilweise religiös anmutende Gläubigkeit an die Naturwissenschaften. „Die Extremisten, die Ideologen der Künstlichen Intelligenz, versuchen, Gott zu spielen. Da muss man von Größenwahn, buchstäblich von Wahnsinn sprechen.“
Eine der wichtigsten Herausforderungen für die zukünftige Wissensgesellschaft ist nach Auffassung von Wahlster, Leiter des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken, eine „Informatik für den Menschen“: die Schaffung intelligenter Technologien für die Mensch-Technik-Interaktion, die den natürlichen Kommunikationsstil von Techniklaien akzeptieren, einen direkten Dialog mit der Technik unterstützen und damit Hemmschwellen bei der Nutzung von Hochtechnologie abbauen. „Semantische Technologien überbrücken die Lücke zwischen der Fachsprache der Informatik und den Sprachen ihrer Anwender, weil sie es erlauben, verschiedene Begriffssysteme ohne Bedeutungsverlust ineinander zu übersetzen. Automobilingenieure, Medizintechniker oder Logistikexperten sind mit semantischen Technologien in der Lage, ihr Wissen und ihre Prozessmodelle digital in der eigenen Fachsprache zu formulieren, ohne die speziellen künstlichen Sprachen zur maschinellen Wissensrepräsentation erlernen zu müssen“, betonte Wahlster.
Hier setzte auch Lupo Pape Geschäftsführer von Semanticedge, und ebenfalls Teilnehmer der Expertenrunde, an. Das Ziel der Sprachdialoge sei es, den Erwartungen des Menschen so nahe wie möglich zu kommen. „Bei einem Dialog mit menschlichen Zügen wird sich der Anrufer eher angenommen fühlen als bei einem mit starrer Menüführung und der Abfrage bestimmter Antworten“, erläuterte Pape. Selbst wenn man den Namen eines Geschäftspartners gerade nicht weiß, könne man über eine Suchfunktion mit der Eingabe von Branche und Standort die gewünschte Verbindung aufbauen, so der Sprachdialogexperte.
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