Modellierung und Computersimulation von Quantenphänomenen
Zeit: 27.11.2008 bis 29.11.2008
Ort: Institut für Theoretische Physik,
Vor dem Hospitaltore 1 und
Hörsaal für Theoretische Physik,
Linnéstraße 5
Modellierungsansätze und Computersimulationen von quantenstatistischen Eigenschaften magnetischer Materialien sind einer der Themenschwerpunkte des diesjährigen NTZ-Workshops CompPhys08, zu dem bereits zum neunten Mal Physiker aus aller Welt nach Leipzig kommen. Eine wichtige Rolle spielen dabei sogenannte Quantenphasenübergänge, die am absoluten Nullpunkt ausschließlich durch Quanteneffekte getrieben werden.
Aber auch bei Phasenumwandlungen, die bei endlichen Temperaturen auftreten, kann der Wettstreit zwischen thermischen und quantenmechanischen Fluktuationen zu vielen neuen Phänomenen Anlass geben. Darunter fällt insbesondere die Klasse der Kompass-Modelle, die mit Methoden der Festkörperphysik experimentell realisiert werden können und auf der theoretischen Seite interessante Abbildungen auf effektive topologische Quantenfeldtheorien vom Chern-Simons-Typ erlauben. Die bisherigen Ergebnisse legen eine Verbindung mit topologischen Quantencomputern nahe, deren Qubits fehlertolerant sein sollten.
Die auf dem Workshop diskutierten Weiterentwicklungen zuverlässiger und effizienter Simulationsverfahren und Datenauswertungsmethoden sollten uns auf dem Weg zu einem besseren Verständnis der grundlegenden Mechanismen ein gutes Stück weiterbringen.
Spingläser immer noch voller Überraschungen
Ein weiterer Teil des Workshops beschäftigt sich mit Spingläsern, „die trotz jahrelanger weltweiter Forschungen auf diesem Gebiet immer noch viele Überraschungen parat halten“, sagt Professor Dr. Wolfhard Janke, Leiter der Abteilung „Computerorientierte Quantenfeldtheorie“ am Institut für Theoretische Physik der Universität Leipzig.
Als Sprecher konnte hierfür Professor Peter Young von der University of California, Santa Cruz, USA, gewonnen werden.
Young ist Spezialist auf dem Gebiet der Modellierung und Computersimulation von ungeordneten Systemen, zu denen die Spingläser gehören. In seinem Vortrag geht er den Fragen nach, ob isotrope Heisenberg-Spingläser bei endlicher Temperatur überhaupt einen Spinglasübergang zeigen und ob der im Nullfeld gut etablierte Phasenübergang bei Ising-Spingläsern auch im magnetischen Feld überlebt. Dabei wird er auch erläutern, inwiefern die Antworten auf diese Fragen wichtige Auswirkungen auf scheinbar weit entfernte Gebiete wie die kombinatorische Optimierung und Graphentheorie haben können.
Vielfalt von Computersimulationen
Neben diesen Schwerpunkten des diesjährigen Workshops werden grundlegende Probleme der statistischen Physik und Eigenschaften von komplexen Systemen fernab vom Gleichgewicht diskutiert, sowie Computersimulationen von Makromolekülen und anderen Soft-Matter-Systemen, die nicht nur die Grundlage für Plastikmaterialien, für viele Farben und Verfahren in der Nahrungsmittelindustrie sind, sondern in der speziellen Form von Proteinen auch bei nahezu allen Vorgängen des Lebens eine sehr wichtige Rolle spielen.
Diese auf den ersten Blick weit auseinanderliegenden Gebiete haben oft erstaunlich ähnliche Grundlagen, die mit eng verwandten numerischen Simulationsmethoden bearbeitet werden können und so immer wieder für gegenseitige Anregungen sorgen und somit eine gemeinsame Behandlung in einem interdisziplinär ausgerichteten Workshop sehr fruchtbar machen.
Platzierung im Zentrum der Forschung an der Universität
Diese bewusst gewählte thematische Breite platziert den Workshop im Zentrum von Physik, Chemie und Biologie bzw. gleich drei profilbildenden Forschungsbereichen der Leipziger Universität:
– Von Molekülen und Nanoobjekten zu multifunktionalen Materialien und Prozessen (PbF1)
– Mathematik und ihre Anwendungen in den Naturwissenschaften (PbF2) und
– Molekulare und zelluläre Kommunikation: Biotechnologie, Bioinformatik und Biomedizin in Therapie und Diagnostik (PbF3).
Besonders große Überlappungen gibt es außerdem mit dem internationalen Promotionskolleg „Statistical Physics of Complex Systems“, das seit gut einem Jahr durch die Deutsch-Französische Hochschule gefördert wird und eine Klasse der Research Academy Leipzig (RAL) ist. Ausdruck dafür ist auch die Anwesenheit zahlreicher Doktoranden und Mitarbeiter von der Partneruniversität Nancy, Frankreich.
Die Themen des Workshops haben aber auch einen sehr engen Bezug zu der durch die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder finanzierten Graduiertenschule „Building with Molecules and Nano-objects“ (BuildMoNa), und der sächsischen DFG-Forschergruppe FOR877 „From Local Constraints to Macroscopic Transport“.
Janke freut sich vor allem darüber, dass sich zum traditionellen Workshop nicht nur Wissenschaftler aus Westeuropa angemeldet haben, sondern wie schon im letzten Jahr auch wieder Kollegen aus Polen, der Ukraine und Ungarn. Insbesondere mit der Jagellonian Universität Krakow, Polen, habe man über eine gerade weiter bewilligte Institutspartnerschaft der Alexander von Humboldt Stiftung inzwischen eine sehr enge und fruchtbare Zusammenarbeit aufbauen können.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Wolfhard Janke
Telefon: 0341 97-32725
E-Mail: janke@itp.uni-leipzig.de
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