Wissenschaft trifft Industrie: Erfolgreicher Know-How-Transfer
Das Fraunhofer IISB, Erlangen, veranstaltete vom 17.-19. Juni 2009 in Freiberg das Seminar „Siliziumherstellung für die Photovoltaik: Vom Rohstoff über die Kristallisation zum Wafer“.
Die Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Kristallwachstum und Kristallzüchtung e.V. (DGKK). 50 Teilnehmer, vorwiegend Ingenieure aus der Industrie, lernten in einem zweitägigen Kurs die Grundlagen und Technologien der Herstellung von Silizium, der Siliziumkristallzüchtung und der Fertigung von Siliziumscheiben.
Siliziumkristalle und die aus ihnen hergestellten Siliziumscheiben („Wafer“) sind der wichtigste Rohstoff für die aufstrebende Photovoltaik-Industrie. Die dabei eingesetzten Verfahren sind Schlüsseltechnologien bei der Produktion von Solarmodulen. Dessen ungeachtet ist die universitäre Ausbildung in diesem Bereich nur an wenigen Stellen in Deutschland konzentriert, zum Beispiel in Erlangen und Freiberg. Von dort werden dem Arbeitsmarkt zwar gut ausgebildete Absolventen zur Verfügung gestellt, jedoch reicht deren Zahl bei weitem nicht aus, um den Bedarf an Kristalltechnologen speziell für die boomende Photovoltaik-Industrie zu decken.
Vor diesem Hintergrund veranstaltete das Fraunhofer IISB gemeinsam mit seiner Außenstelle, dem Fraunhofer Technologiezentrum Halbleitermaterialien (THM) in Freiberg, und der Technischen Universität Bergakademie Freiberg (TU BAF) das Seminar „Siliziumherstellung für die Photovoltaik: Vom Rohstoff über die Kristallisation zum Wafer“. Die Tagung stand unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Kristallwachstum und Kristallzüchtung e.V. (DGKK). Die DGKK kommt damit als Dachverband der Kristalltechnologen in Deutschland einer ihrer ureigensten Aufgaben nach, die Forschung, Lehre und Technologie auf dem Gebiet des Kristallwachstums und der Kristallzüchtung zu fördern.
Das Seminar richtete sich an Ingenieure und Techniker aus der Photovoltaik-Industrie, die als Quereinsteiger mit der Herstellung von Siliziumkristallen befasst sind. Als weitere Zielgruppe wurden Studenten und Hochschulabsolventen angesprochen, die ihre wissenschaftlich-technische Arbeit auf dem Gebiet der Kristallzüchtung gerade erst beginnen. Zum Auftakt der Tagung behandelte Prof. Edwin Kroke von der TU BAF die Gewinnung und Reinigung des Siliziums mit dem klassischen Siemens-Prozess und alternativen Herstellungsverfahren. Anschließend betrachteten Dr. Jochen Friedrich und Dipl.-Min. Christian Reimann, beide vom Fraunhofer IISB in Erlangen, die Grundlagen und Techniken des Kristallziehens für monokristallines Silizium und für multikristallines Material nach dem Prinzip der gerichteten Erstarrung und des sogenannten Bänderverfahrens. Dr. Wolfram Miller und Prof. Peter Rudolph, beide vom Leibnitz-Institut für Kristallzüchtung (IKZ) in Berlin, gaben eine Einführung in die thermodynamischen bzw. kinetischen Grundlagen des Kristallwachstums und in die in der Schmelze stattfindenden Wärme- und Stofftransportprozesse.
Prof. Georg Müller aus Erlangen diskutierte die Bildung von Kristalldefekten und deren Auswirkungen auf die Photovoltaikeigenschaften und erläuterte Methoden für das sogenannte Defekt Engineering mithilfe von Computer-Simulationen. Prof. Hans-Joachim Möller von der TU BAF erklärte die Grundlagen der Herstellung von Siliziumscheiben aus Kristallen. In der letzten Vorlesung stellte dann Dr. Jochen Rentsch vom Fraunhofer ISE Freiburg vor, wie Siliziumscheiben zu Solarzellen prozessiert und in Solarmodule integriert werden. Zum Abschluss erhielten die Seminarteilnehmer die Gelegenheit zu einer Führung durch die „Terra Mineralia“ auf Schloss Freudenstein. Der Besuch dieser faszinierenden Mineraliensammlung ist ein Muss für alle, die sich mit Kristallen beschäftigen.
In den Abendstunden wurde darüber hinaus lebhaft diskutiert, inwieweit eine strukturierte und firmenübergreifende Aus- und Weiterbildung von Facharbeitern und technischem Personal auf dem Gebiet der Kristalltechnologie notwendig ist. Die Voraussetzungen in den Industriebetrieben sind hierbei stark unterschiedlich. Das Spektrum reicht von gezielter Ausbildung über eine nichtsystematische Weiterbildung bis hin zu der Philosophie, nur geschulte Mitarbeiter einzustellen. Aus der Diskussion ergab sich die Empfehlung, bei allen einschlägigen Firmen den Stand der betrieblichen Aus- und Weiterbildung auf dem Gebiet der Kristalltechnologie zu erfragen. Unter der Voraussetzung, dass ein nachhaltiger Bedarf seitens der Industrie besteht, kann dann ein allgemeines Konzept zur Aus- und Weiterbildung von Kristalltechnologen entwickelt werden.
Ebenso wurde die Gründung eines DGKK-Arbeitskreises „Photovoltaik“ diskutiert. Die Einrichtung eines im Sinne der DGKK klassisch zu nennenden Arbeitskreises mit Fachbeiträgen aus Industrie und Wissenschaft ist hier schwierig, da aufgrund der zunehmenden Konkurrenzsituation die Firmen und ihre Partnerinstitute bei neuen wissenschaftlich-technischen Informationen zurückhaltend sein werden. Vielmehr könnte die Aufgabe des DGKK-Arbeitskreises „Photovoltaik“ darin bestehen, sich beispielsweise der Aus- und Weiterbildung von Ingenieuren und technischem Personal anzunehmen. Hier sind noch weitere Diskussionen erforderlich, wie die DGKK im Bereich der Photovoltaik-Industrie mehr präsent sein kann.
Nach Aussage etlicher Teilnehmer ist das DGKK-Seminar hinsichtlich des wissenschaftlichen Programms und der Organisation sehr gelungen. Die erfreulich große Teilnehmerzahl ist erstaunlich, da die Veranstaltung nicht aktiv beworben wurde. Das zeigt deutlich den großen Bedarf an Aus- und Weiterbildungsangeboten für Ingenieure, speziell im Bereich der Kristalltechnologie in der Photovoltaik-Industrie. Die Organisatoren werden gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Kristallwachstum und Kristallzüchtung e.V. auch künftig diese Aufgabe annehmen und voraussichtlich schon im Frühjahr 2010 ein neues Seminar in der Region Jena anbieten. Das Programm soll dann um Vorlesungen zur Keimbildung und zum Kornwachstum sowie zur messtechnischen Charakterisierung von Kristall- und Wafer-Eigenschaften bereichert werden.
Ansprechpartner:
Dr. Jochen Friedrich
Fraunhofer Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie (IISB)
Schottkystr. 10, 91058 Erlangen, Germany
Tel. +49-9131-761-269
Fax +49-9131-761-280
info@iisb.fraunhofer.de
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