Zeit für Kinder

Für jedes Kind in Deutschland wurden im Jahr 1998 1 957 Stunden für Betreuung, Versorgung und Ausbildung aufgewendet. Damit kam jedem Kind deutlich mehr Zeit zugute als ein erwerbstätiger Erwachsener an seinem Arbeitsplatz verbrachte (1998: 1 489 Jahresarbeitsstunden).

Dies geht aus der Studie „Zeit für Kinder – Betreuung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen“ hervor, die das Statistische Bundesamt im Auftrag des Deutschen Arbeitskreises für Familienhilfe erstellt und jetzt veröffentlicht hat. Diese Untersuchung enthält eine detaillierte Bestandsaufnahme zu einem wichtigen Feld der Familienpolitik.

In dieser Studie werden sehr differenzierte Angaben über die einzelnen Familientypen und ihre ökonomischen Aktivitäten in den Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen gestellt. Durch Verknüpfung und Abstimmung mit den volkswirtschaftlichen Aggregaten wird die ökonomische Bedeutung der Betreuung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen verdeutlicht.

Auf der Grundlage der Zeitbudgeterhebung 1991/92 des Statistischen Bundesamtes und der Arbeitsstundenrechnung der Bundesanstalt für Arbeit wurde geschätzt, wie viel Zeit für Kinder und Jugendliche (bis 18 Jahre) aufgewendet wurde. Eine Fortschreibung und Erweiterung der detaillierten Berechnungen mit Hilfe von sozio-ökonomischen Input-Output-Tabellen ergab für 1998 einen Gesamtbetrag von 30,4 Mrd. Stunden. Wird diese Größe in Relation zu der damaligen Anzahl von 15,5 Mill. Kindern und Jugendlichen gesetzt, so erhält man eine Durchschnittsgröße von 1 957 Stunden pro Jahr bzw. 5,4 Stunden pro Tag, die einem Kind in Deutschland zugewandt werden.

Demgegenüber wurden 1998 in Deutschland von 37,6 Mill. Erwerbstätigen etwa 56 Mrd. Stunden Erwerbsarbeit geleistet. Die Zeit für Kinder in Höhe von 30,4 Mrd. Stunden entspricht daher mehr als 20 Mill. Erwerbsarbeitsplätzen.

Die ermittelte Zeit für Kinder setzt sich aus sehr unterschiedlichen Komponenten zusammen: Mehr als zwei Drittel der Zeiten für Kinder (und Jugendliche) betreffen nicht-entlohnte Leistungen im Privathaushalt (Hausarbeit, Kinderbetreuung u.a.); nur knapp ein Drittel entfällt auf Erwerbsarbeitsstunden, die direkt oder indirekt nötig waren, um Waren und Dienstleistungen für Kinder bereitzustellen. Dazu gehören Konsumgüter ebenso wie staatliche Bildungs- und Gesundheitsleistungen.

Werden die Zeiten für Kinder bewertet, so erhalten die mit Erwerbsarbeitsstunden produzierten Güter gegenüber der nicht-entlohnten Leistung ein sehr viel höheres Gewicht. Der Wert der Waren und Dienstleistungen, der Kindern und Jugendlichen zugute kam, betrug 1998 225 Mrd. Euro, d.h. knapp 16% der gesamten Konsumausgaben. Er umfasste private Konsumausgaben (119 Mrd. Euro), Bildungsleistungen (57 Mrd. Euro) sowie übrige staatliche Leistungen (49 Mrd. Euro).

Für die aktuelle familienpolitische Diskussion sind hiervon vor allem die privaten Konsumausgaben für Kinder von Interesse. Sie geben an, welche Kosten Kinder (und Jugendliche) im privaten Haushalt verursacht haben. Der Betrag von 119 Mrd. Euro entspricht knapp 12% der gesamten privaten Konsumausgaben; Kinder und Jugendliche machten 1998 aber einen Anteil von 19% an der Bevölkerung aus. Pro Kind ergab sich 1998 ein Jahresdurchschnittswert von 7 680 Euro. Pro Monat betrugen die privaten Konsumausgaben für jedes Kind damit 640 Euro. In Preisen des Jahres 2002 entspricht dieser Betrag etwa 670 Euro.

Im Verhältnis zu anderen Berechnungen erscheint diese Schätzung für die Kinderkosten recht hoch. Es ist aber zu beachten, dass es sich hierbei nicht um die zusätzlichen Kosten handelt, die von Kindern verursacht werden, sondern um eine Aufteilung sämtlicher Ausgabepositionen (z.B. auch für Auto, Wohnung, PC) der privaten Haushalte auf die einzelnen Haushaltsmitglieder. Verglichen mit den privaten Konsumausgaben aller Personen im Haushalt, die 1998 im Durchschnitt etwa 1 050 Euro pro Monat betrugen, lagen die geschätzten Ausgabengrößen für Kinder mit 640 Euro wesentlich niedriger.

Werden zusätzlich zu den bezahlten Leistungen (225 Mrd. Euro) die unbezahlten Zeiten für Kinder im Privathaushalt bewertet, so kommt selbst bei einem niedrigen Bewertungsansatz (Nettolohn für eine Hauswirtschafterin) eine Wertgröße von rund 145 Mrd. Euro hinzu. Insgesamt betrug der Wert der bezahlten und unbezahlten Leistungen für Kinder 1998 damit rund 369 Mrd. Euro, d.h. pro Kind (bzw. Jugendlichem) 1 980 Euro monatlich.

Bei der Studie handelt es sich um ein Pilotprojekt, das durch weitere Untersuchungen fortgesetzt werden sollte. Als besonders schwierig erwies sich die Aufteilung von Zeiten und Kosten der privaten Haushalte mit Kindern auf die einzelnen Haushaltsmitglieder, da viele Ausgaben gemeinschaftliche Aktivitäten betreffen. Weiterhin mussten die vorhandenen Datengrundlagen von Anfang der 90er Jahre mit vereinfachenden Annahmen bis zum Berichtsjahr 1998 fortgeschrieben werden. Für eine aktualisierte Studie können die im Sommer 2003 vorliegenden Daten der neuen Zeitbudgeterhebung 2001/02 des Statistischen Bundesamtes genutzt werden.

Die von Prof. Dr. Carsten Stahmer, Dr. Ingo Mecke und Inge Herrchen erstellte Studie wurde als Band 3 der neuen Schriftenreihe des Statistischen Bundesamtes „Sozio-ökonomisches Berichtssystem für eine nachhaltige Gesellschaft“ veröffentlicht. Sie kann beim Verlag Metzler-Poeschel, Verlagsauslieferung SFG-Servicecenter, Fachverlage GmbH, Postfach 43 43, 72774 Reutlingen (Telefon: 07071/93 53 50, Telefax: 07071/93 53 35 oder E-mail: destatis@s-f-g.com) bestellt werden. (Gleichsam steht die Studie auch als kostenpflichtiger Download im Internet-Angebot des Statistischen Bundesamtes (www.destatis.de) zur Verfügung.)

Weitere Informationen zu den Berechnungsgrundlagen und -methoden sowie zum Aufbau des geplanten Sozio-ökonomischen Berichtssystems werden auf Anfrage vom Statistischen Bundesamt zur Verfügung gestellt.

Weitere Auskünfte erteilt: Prof. Dr. Carsten Stahmer,
Telefon: (0611) 75-2526,
E-Mail: carsten.stahmer@destatis.de

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