Europäischer IPO-Markt im zweiten Quartal 2004 so aktiv wie seit
IPO Watch Europe von PwC analysiert die Aktivitäten an den wichtigsten Börsenplätzen Europas: Deutsche Börse verzeichnete im zweiten Quartal 2004 mit Deutscher Postbank, Wincor Nixdorf und Fahrradwerken Mifa ein Emissionsvolumen von fast 1,8 Milliarden Euro.
Die europäischen Börsenplätze verzeichneten in diesem Jahr ein starkes zweites Quartal – und damit das beste Ergebnis seit mehreren Jahren. Von April bis Juni wagten sich 95 Unternehmen an die europäischen Börsen, im gleichen Vorjahreszeitraum waren es lediglich 23. Auch im Vergleich zu den 56 Neueinführungen im ersten Quartal 2004 lag die Zahl deutlich höher. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Ausgabe des IPO Watch Europe von PricewaterhouseCoopers (PwC). Diese Analyse untersucht vierteljährlich die Aktivitäten an den wichtigsten Börsen und Marktsegmenten in den 15 alten EU-Mitgliedstaaten sowie in der Schweiz, Norwegen und Polen.
Das gesamte Emissionsvolumen der europäischen Börsengänge im zweiten Halbjahr 2004 betrug 8,7 Milliarden Euro. Dies ist mehr als das Fünffache der rund 1,6 Milliarden Euro im Vergleichszeitraum 2003 und deutlich mehr als die 5,2 Milliarden Euro, welche die Notierungen in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres einbrachten. Hierzu trugen vor allem die folgenden drei großen Börsengänge bei: Deutsche Postbank (Deutsche Börse: 1,4 Milliarden Euro), der Stromkonzern Terna (Borsa Italiana: rund 1,3 Milliarden Euro) und das Luftfahrtunternehmen Snecma (Euronext: rund 1,2 Milliarden Euro). Insgesamt entfiel auf diese drei IPOs fast die Hälfte des Gesamtemissionswertes an allen europäischen Börsen.
Drei Neuemissionen an Deutscher Börse
Die Deutsche Börse verzeichnete im zweiten Quartal 2004 drei Börsengänge, die zusammen fast 1,8 Milliarden Euro einbrachten. So konnten die mittelständischen Fahrrad-Werke Mifa und Wincor Nixdorf, ein Anbieter von IT-Lösungen für Retail-Banken und Handelsunternehmen, jeweils Aktien mit einem Emissionsvolumen in Höhe von rund 14 Millionen Euro beziehungsweise 327 Millionen Euro platzieren. Bei dem mit größter Spannung erwarteten Börsengang der Postbank konnte ein Emissionserlös von rund 1,4 Milliarden Euro beziehungsweise rund 1,55 Milliarden Euro bei voller Ausübung der Mehrzuteilungsoption (Greenshoe) erzielt werden. Neben der Aktie konnte die Deutsche Postbank eine Wandelanleihe mit einem Gesamtvolumen von rund einer Milliarde Euro erfolgreich bei institutionellen Investoren platzieren.
„Obwohl der für Mai geplante Börsengang der Werkstattkette ATU verschoben werden musste, lassen die Börsengänge von Wincor Nixdorf und Mifa wieder auf eine Erholung des Emissionsgeschäftes in Deutschland hoffen. Der größte Impuls ging jedoch trotz einiger Anlaufschwierigkeiten vom IPO der Postbank aus. Auch wenn dieser IPO die prognostizierte Eisbrecherfunktion nicht im ursprünglich erhofften Maß für den deutschen Markt erfüllt, hat er dennoch insgesamt zu einer Stabilisierung des Kapitalmarktes beigetragen, so dass bis zum Jahresende noch einige weitere IPOs zu erwarten sind“, erläutert Volker Fitzner, Partner im Bereich Advisory bei PwC.
Löwenanteil des europäischen Emissionsvolumens entfällt auf AIM
Zu den erfolgreichen Börseneinführungen gehören nach wie vor eher traditionsreiche Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften und einen starken Cash-flow generieren. Nichts deutet auf eine Rückkehr des „Dotcom-Booms“ hin. „Bei den drei größten europäischen Börsengängen im zweiten Quartal handelte es sich im Grunde genommen um Privatisierungen, die den institutionellen Investoren und dem privaten Anleger die Gelegenheit gaben, direkt in den IPO-Markt zu investieren. Am Alternative Investment Market (AIM), dem Marktsegment für kleinere, wachstumsstarke Firmen an der Londoner Börse, herrschte weiterhin besonders rege Aktivität: Auf sie entfiel anzahlmäßig der Löwenanteil der IPOs,“ erläutert Volker Fitzner.
Belebung der europäischen Börsenplätze im zweiten Quartal
Beim Marktanteil legte die Londoner Börse weiter zu. Mit 65 IPOs sicherte sie sich 68 Prozent der Neuemissionen im abgelaufenen Quartal. Das Emissionsvolumen der Londoner IPOs stieg auf rund 2,5 Milliarden Euro nach 767 Millionen Euro im zweiten Quartal des Jahres 2003. Führend war erneut der AIM, auf den 56 der 65 IPOs entfielen.
Die Euronext verzeichnete von April bis Juni 2004 zehn Neunotierungen, im zweiten Quartal 2003 waren es lediglich drei. Das Emissionsvolumen stieg auf rund 1,7 Milliarden Euro von zuletzt null. Gegenüber dem ersten Quartal 2004 ging der Emissionswert allerdings stark zurück, da in den ersten drei Monaten des Jahres der Börsengang der belgischen Telefongesellschaft Belgacom, der größte IPO in Europa seit drei Jahren, stattfand.
In Dublin gab es mit dem Getränkekonzern C&C Group den zweiten Börsengang des Jahres – und den zweiten überhaupt seit 2001. Dieser brachte dem Unternehmen im Rahmen einer Doppelnotierung an der Londoner Börse 385 Millionen Euro ein.
Unter den neuen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union legte die Warschauer Börse mit fünf Börsengängen im zweiten Quartal 2004 – zwei mehr als im ersten Quartal – erneut eine Erfolg versprechende Bilanz vor. In der Pipeline der polnischen Börse stehen sieben weitere IPOs, mindestens vier davon sind bereits für Anfang Juli angekündigt. Nach mehr als zehn Jahren wagte sich wieder ein Unternehmen an die Prager Börse. Das Pharmaunternehmen Zentiva notierte zugleich in London.
An den Börsen in Kopenhagen, Helsinki und Luxemburg fand in diesem Jahr noch kein Börsengang statt.
Branchen im Überblick
Nach Branchen betrachtet konnte der Dienstleistungsbereich und die Immobilienbranche die stärkste Zunahme verzeichnen: Zehn Dienstleistungsunternehmen wagten im abgelaufenen Quartal den Gang an die Börse, im gleichen Zeitraum des Vorjahres war es lediglich eines. Die Immobilienbranche brachte es im zweiten Quartal 2004 auf neun Börsengänge gegenüber gar keinem im zweiten Quartal des Jahres 2003. Während im ersten Quartal 2004 nur ein Unternehmen aus dem Bereich Elektronik und elektronische Geräte sich neu notieren ließ, waren es im abgelaufenen Quartal bereits sieben. Der Energieversorgungsbereich musste dagegen Einbußen hinnehmen: Nach drei Neuemissionen im zweiten Quartal 2003 erfolgte im zweiten Quartal 2004 lediglich eine Neunotierung.
Zunahme der Aktivitäten auf deutschem Markt zu erwarten
„Die IPO-Pipeline an allen wichtigen europäischen Börsen sieht Erfolg versprechend aus, und die bisher erlebte Erholung im Jahr 2004 dürfte sich in der zweiten Jahreshälfte fortsetzen. Die Durststrecke an der Deutschen Börse ist vorbei und wir können nun mit einer Zunahme der Aktivitäten im deutschen Markt rechnen. Warschau ist mit einer gut gefüllten Pipeline die aktivste unter den Börsen in den neuen EU-Beitrittsländern, doch im Vergleich zu den größeren Börsen sind die dort erzielten Summen relativ bescheiden.“
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