Neue Methode der Volkszählung / Zum Test eines registergestützten Zensus

Das heute in Kraft getretene Zensustestgesetz ordnet Testuntersuchungen zur Erprobung eines neuen registergestützten Zensusverfahrens an, die zum Stichtag 5. Dezember 2001 durchzuführen sind.

Das Gesetz soll einen Methodenwechsel zu einem registergestützten Zensus vorbereiten, der sich auf vorhandene Daten aus Verwaltungsregistern und eine postalische Befragung der Gebäudeeigentümer stützt. Dieser soll künftig in Deutschland die herkömmliche Volkszählung ersetzen. Vor Einführung dieser neuen Methode sind zunächst Tests und Erhebungen durchzuführen, für die nunmehr eine gesetzliche Grundlage vorliegt.

 

Volkszählungen sind von den Vereinten Nationen im Abstand von etwa zehn Jahren weltweit empfohlen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zählen entsprechend einer Empfehlung der EU mehrheitlich im Jahr 2001. Die letzte Volkszählung wurde in Deutschland im früheren Bundesgebiet 1987, in der DDR im Jahr 1981 durchgeführt.

 

Volkszählungen liefern Grunddaten über die Bevölkerung eines Landes sowie über deren Erwerbstätigkeit und Wohnsituation. Die Ergebnisse bilden die statistische Grundlage für politische wie für wirtschaftliche Planungen und Entscheidungen sowie für wissenschaftliche Untersuchungen. So beruhen beispielsweise der Länderfinanzausgleich, die Einteilung der Wahlkreise bei Bundestagswahlen sowie die Stimmenzahl der Länder im Bundesrat auf den amtlichen Bevölkerungszahlen, die insbesondere auf die Ergebnisse eines Zensus zurückgehen. Nutzer von Zensusdaten sind

  • die politischen Entscheidungsträger in Bund, Ländern und Gemeinden,
  • die Europäische Union im Rahmen ihrer Struktur- und Regionalpolitik sowie
  • die Wirtschaft etwa für Standortentscheidungen und Bewertung ihrer Absatzmärkte.

Nach den beträchtlichen Binnenwanderungen vor und nach der Wiedervereinigung sowie den erheblichen Zuwanderungen von Aussiedlern und Ausländern in den 90er Jahren besteht in Deutschland dringender Bedarf für eine neue „Inventur“.

Die letzte Volkszählung im früheren Bundesgebiet hat 1987 Bund, Ländern und Gemeinden insgesamt ca. eine Milliarde DM gekostet. Eine neue Zählung mit herkömmlicher unmittelbarer Befragung der Bevölkerung würde heute erheblich mehr kosten. In den USA, deren Bevölkerung rund 3 ½ mal so groß wie die der Bundesrepublik Deutschland ist, hat die im Jahr 2000 durchgeführte „konventionelle“ Volkszählung einen Aufwand von rd. 6 Mrd. Dollar verursacht.

Ähnlich wie in anderen Staaten Europas und der Welt wurde in den vergangenen Jahren auch in Deutschland nach Wegen gesucht, bestehende Datenquellen für Volkszählungen zu nutzen, um die Kosten sowie die Belastung der Bürger zu reduzieren. Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben in Zusammenarbeit mit den Gemeinden ein Modell entwickelt, das die Nutzung vorhandener Daten aus den Melderegistern sowie von Daten der Bundesanstalt für Arbeit vorsieht.

Außerdem sollen Angaben zu Wohnungen und Gebäuden schriftlich von den Hauseigentümern erfragt werden. Die aus diesen verschiedenen Quellen erhobenen Daten werden dann Plausibilitätsprüfungen unterzogen, zu statistischen Haushalten kombiniert und gemeinsam ausgewertet. Wenn sich dabei in Gebäuden unplausible Relationen von Personen und Wohnungen ergeben, sollen diese durch Nachfrage vor Ort berichtigt werden.

Der Rückgriff auf bestehende Datenquellen wird gegenüber einer traditionellen Befragung deutlich Kosten und Aufwand reduzieren. Die Nutzung des automatisierten Meldewesens in den Gemeinden ermöglicht und erleichtert die Durchführung eines solchen „registergestützten“ Zensus.

Mit diesem Alternativkonzept eines „registergestützten“ Zensus betritt die amtliche Statistik in Deutschland Neuland. Ein Test mit Qualitätsuntersuchungen der zu nutzenden Register sowie zur Optimierung und Bewertung der geplanten Verfahren durch Kontrolle der Ergebnisse mit Befragungen vor Ort sind daher unerlässlich.

Nach dem Zensustestgesetz sollen die einzelnen Teile des Zensusmodells stichprobenweise wie folgt getestet werden:

  • Aus den Melderegistern von maximal 570 Gemeinden Deutschlands werden Daten von Einwohnern ausgewählter Gebäude (maximal 38.000) mit den Daten aus Befragungen bei den Bewohnern dieser Gebäude verglichen, um Erkenntnisse zu „Karteileichen“ und Fehlbeständen in den Registern zu erhalten.
  • Eine Mehrfachfallprüfung soll weitere Aussagen zur Registerqualität und zu den Möglichkeiten, widersprüchliche Angaben im Statistikbereich zu bereinigen, erbringen. Für diese Stichprobenprüfung liefern alle Gemeinden Deutschlands die Datensätze von Personen, die an drei bestimmten Tagen Geburtstag haben oder deren Geburtsdaten unvollständig sind. Soweit dabei mehrfache Hauptwohnungen festgestellt werden, die durch Fehler im Meldeverfahren entstehen können, sollen diese durch Nachfragen der Statistischen Ämter bei den betroffenen Bürgern geklärt werden.
  • Die beim registergestützten Zensus vorgesehenen statistischen Verfahren, insbesondere die Generierung von Haushalten aus den vorhandenen Informationen und die Zusammenführung der Daten, werden in einer Unterstichprobe in ca. 16 000 Gebäuden in etwa 230 Gemeinden anhand von Befragungsergebnissen geprüft und soweit erforderlich optimiert. Dabei soll auch geklärt werden, mit welchem Aufwand die Zensusergebnisse durch Nachfragen bei festgestellten Unplausibilitäten verbessert werden könnten.

Der Datenschutz wird bei der Erprobung des Alternativkonzepts entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus seinem Volkszählungsurteil vom 15. Dezember 1983 (BVerfGE 65, 1 ff) voll gewahrt: Alle für die Testuntersuchungen erforderlichen personenbezogenen Daten werden von den – auf das Statistikgeheimnis verpflichteten – statistischen Ämtern der Länder und dem Statistischen Bundesamt erhoben und verarbeitet. Alle Einzeldaten verbleiben ausschließlich in besonders geschützten Bereichen der statistischen Ämter und fallen unter die statistische Geheimhaltung. Dort werden die Hilfsmerkmale, wie beispielsweise Name und Anschrift, so bald wie möglich wieder gelöscht. Die Datenüberprüfungen und -berichtigungen im Rahmen der methodischen Untersuchungen erfolgen ebenfalls ausschließlich in den statistischen Ämtern. Rückmeldungen von den Statistischen Ämtern an die registerführenden Verwaltungsbehörden, welche die Daten geliefert haben, erfolgen nicht und sind nicht zulässig.

Für die von der EU für 2001 empfohlene Volkszählung in den 15 Mitgliedsstaaten und die von der EU vorgesehenen Datenlieferungen an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) wird die Bundesrepublik Deutschland vorerst – soweit wie möglich – auf Daten aus hier vorhandenen Statistiken, insbesondere aus dem Mikrozensus, der jährlichen 1 % – Stichprobe der Haushalte im Bundesgebiet, sowie aus der amtlichen Bevölkerungsfortschreibung zurückgreifen.

Detaillierte Informationen zum Zensustest finden Sie in unserem Internet-Angebot.


Weitere Auskünfte erteilt: Hans Gerd Siedt,
Telefon: (0611) 75-2845,
E-Mail: zensustest@statistik-bund.de


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