Über Almdudler, Trabi und Schweizer Schokolade: Tagung über Konsum und nationale Identität

Ausgangspunkt für die Konferenz ist ein vom Historiker Oliver Kühschelm durchgeführtes FWF-Forschungsprojekt über die Beteiligung von Konsumgütern an der Ausbildung österreichischer Identität. Die nun abschließende Tagung setzt die Ergebnisse in einen internationalen Kontext. Am Donnerstag, 1. Oktober, 18.30 Uhr, hält Karl Gerth, Fellow an der University of Oxford, einen öffentlichen Vortrag über Konsumkultur im modernen China.

Im Rahmen der Konferenz analysieren ForscherInnen mit sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtlichen Arbeitsschwerpunkten, wie in der Kommunikation über Konsumgüter nationale Identitäten transportiert werden. Organisiert wurde die Tagung von Oliver Kühschelm in Kooperation mit Franz X. Eder, beide Historiker am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien, und Hannes Siegrist, Historiker am Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig.

Die Nation im Konsumalltag

Puch 500, Almdudler, Atomic Schi – drei Varianten Österreich zu inszenieren; der VW-Käfer als das gute Deutschland; seine „östlichen“ Gegenstücke Trabant, Lada und Dacia; Fiat und Pasta als Imageträger Italiens; Seagram-Whisky als Destillat der kanadischen Nation; Schokolade als typisches Schweizer Produkt; „moderne“ Möbel als Verkörperung schwedischer Identität.

Ob es sich nun um einzelne Marken von ikonischer Qualität oder um bestimmte Produktgruppen handelt, die als Projektionsfläche dienen – solche Konfigurationen sind keine bloßen Oberflächenphänomene, die vom Eigentlichen nationaler Identitätsbildung ablenken. Im Konsumieren erhalten nationale Zuschreibungen Plausibilität, da sie in vordergründig unpolitische Lebenswelten eindringen. „Alltäglich ja, trivial nein“, meint Oliver Kühschelm, „denn die Vorstellung von nationaler Zugehörigkeit erhält auf diese Weise Präsenz und Kontinuität – eben auch abseits einer spektakulären politischen Mobilmachung.“

Wie wurden Spaghetti in Deutschland heimisch gemacht?

Wird die Stabilisierung nationaler Identitäten betrachtet, muss umgekehrt auch ihre Relativierung durch konkurrierende Zuschreibungen diskutiert werden. Wie positionierten sich Produkte/Nationen in übernationalen Spannungsfeldern: Westen versus Osten, USA und Europa? Thema sind auch Kreolisierung als Ergebnis des Zusammentreffens von fremder mit lokaler Kultur und Transferphänomene: Wie wurden z. B. Spaghetti in Deutschland heimisch gemacht?

Der Fokus der Tagung liegt auf dem 20. Jahrhundert. Die meisten Beiträge widmen sich europäischen Ländern, „westlichen“ wie sozialistischen. Aber auch die USA, Japan und Kanada werden in den Blick genommen.

Made in China

Am Donnerstag, 1. Oktober, 18.30 Uhr, hält Karl Gerth (Merton College, Oxford) einen Vortrag. Er wird darüber sprechen, wie die KonsumentInnen in China seit dem frühen 20. Jahrhundert dazu angehalten werden, bewusst chinesisch zu kaufen. Weltweit lassen sich Aufrufe, nur heimische Waren zu konsumieren, derzeit wieder gehäuft vernehmen. Solche Kampagnen changieren typischerweise zwischen Propagierung des Eigenen und Boykott des Fremden, zwischen nationaler Emanzipation und nationalistischer Abschließung. Gerth stellt seine Überlegungen daher unter den Titel: „Variations on a Global Theme? A Comparative Perspective on Nationalism and Consumerism in China“

Die Tagung wird gefördert durch: Gerda Henkel Stiftung, Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, Kulturabteilung der Stadt Wien, Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät der Universität Wien, Österreichische Forschungsgemeinschaft.

Konferenz: Product Communication and the Nationalisation of Consumption
Tagungssprache: Englisch
Zeit: 1. bis 3. Oktober 2009
Ort: Seminarhotel Springer Schlößl, Tivoligasse 73, 1120 Wien
Nachfolgetagung: Die Nationalisierung von Produktkommunikation. Historische, methodische und theoretische Perspektiven
Eine Follow-Up-Tagung wird im November die Diskussion fortsetzen, indem sie theoretische und methodische Fragen in den Mittelpunkt stellt. Welche analytischen Verfahren scheinen geeignet, den Zusammenhang von Nationalisierung und Produktkommunikation zu untersuchen?
Tagungssprache: Deutsch
Zeit: 12. bis 13. November 2009
Ort: Seminarhotel Springer Schlößl, Tivoligasse 73, 1120 Wien
Beide Tagungen sind öffentlich zugänglich. Anmeldung unter: oliver.kuehschelm@univie.ac.at
Kontakt:
Dr. Oliver Kühschelm
Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Universität Wien
Dr.-Karl-Lueger-Ring 1
1010 Wien
T +43-1-4277-41333
oliver.kuehschelm@univie.ac.at
Rückfragehinweis:
Mag. Veronika Schallhart
Öffentlichkeitsarbeit
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M +43-664-602 77-175 30
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