Auf der Suche nach den Atomen von Raum und Zeit
Vor genau 100 Jahren revolutionierte Einstein mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie unser Verständnis von Raum und Zeit. Er zeigte, dass Raum und Zeit nicht unabhängig von anderen physikalischen Vorgängen existieren, sondern in dynamischer Wechselwirkung mit ihnen stehen.
Seine Theorie ist nicht nur essentiell, um unser Universum zu verstehen, sie spielt auch im Alltag eine wichtige Rolle, so muss sie bei der Positionsbestimmung via GPS berücksichtigt werden. Dennoch gibt die Allgemeine Relativitätstheorie den Forschern einige Rätsel auf. So beschreibt sie den Beginn unseres Universums als den so genannten Urknall.
An diesem Anfang von Raum und Zeit verliert die Theorie jedoch ihre Vorhersagekraft, da die durch sie beschriebenen physikalischen Größen unendlich große Werte annehmen würden. Man spricht von einer Singularität. Ähnliches gilt für ihre Aussagen über Schwarze Löcher. Einsteins Theorie besagt, dass die Gravitation – also die Schwerkraft – besonders schwere Sterne am Ende ihres Lebens unaufhaltsam verschluckt und eine Singularität, also ein Loch in der Raumzeit, zurückbleibt.
Dass eine physikalische Theorie in gewissen Bereichen an ihre Grenzen stößt, ist nichts Ungewöhnliches und hat in der Geschichte der Physik immer wieder als Ansporn gedient, alte Konzepte zu hinterfragen und neue Theorien zu entwickeln, die dann in der Lage sind, die Natur auch in extremen Bereichen zu beschreiben.
Eindrucksvoll demonstrierte dies zum Beispiel die Einführung der Quantentheorie zu Beginn des letzten Jahrhunderts, die es erlaubt, physikalische Modelle auch auf atomarer Größenordnung anzuwenden, auf der die bis dahin bekannte klassische Physik keine adäquate Beschreibung der Natur mehr liefern kann. Die Quantentheorie beschreibt die Welt also auf den kleinen, die Allgemeine Relativitätstheorie auf großen Skalen.
Will man die noch existierenden offenen Fragen der Allgemeinen Relativitätstheorie zum Urknall und zu Schwarzen Löchern beantworten, ist es notwendig, Gravitation – und damit die Geometrie von Raum und Zeit – auch auf mikroskopischen Skalen zu verstehen. Die Forschung geht davon aus, dass hierfür eine neue Form der Quantentheorie nötig ist, die nicht nur die Quanteneigenschaften von Atomen beschreiben kann, sondern auch diejenigen von Raum und Zeit – und damit der Gravitation. Gesucht wird also eine Quantengravitationstheorie.
Wie eine solche aussehen könnte und welche physikalischen Konsequenzen sich aus ihr ergeben, ist einer der Forschungsschwerpunkte am Institut für Quantengravitation der FAU. Dort forscht das Team um Prof. Dr. Thomas Thiemann vor allem im Bereich der so genannten Schleifenquantengravitation (Loop Quantum Gravity). Sie ist einer von mehreren möglichen Ansätzen für eine Quantengravitationstheorie.
Welche Vorhersagen die Schleifenquantengravitation über die mikroskopischen Eigenschaften von Gravitation erlaubt, diskutieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der diesjährigen Loops ‘15 Konferenz vom 6. bis 10. Juli, deren Gastgeber das Institut für Quantengravitation ist. Unter den Teilnehmern sind renommierte Wissenschaftler wie Prof. Abhay Ashtekar, Prof. Carlo Rovelli und Prof. Lee Smolin, die als Gründerväter der Schleifenquantengravitation gelten.
Lee Smolin ist dank seiner populärwissenschaftlichen Bücher – zuletzt „Im Universum der Zeit: Auf dem Weg zu einem neuen Verständnis des Kosmos“ – auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Das Programm der Konferenz beinhaltet längere Plenarvorträge, die u.a. einen Überblick über den derzeitigen Forschungsstand im Bereich der Quantengravitation geben, und kürzere Parallelvorträge, die gerade jüngeren Forscherinnen und Forschern die Möglichkeit bieten, ihre aktuellen Resultate zu präsentieren.
Weitere Informationen zur Veranstaltung unter: www.loops15.de
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Kristina Giesel
Tel.: 09131/85-28470
kristina.giesel@gravity.fau.de
Prof. Dr. Hanno Sahlmann
Tel.: 09131/85-28465
hanno.sahlmann@gravity.fau.de
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Weitere Informationen:
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