Max-Planck-Wissenschaftler erhalten den Louis-Jeantet-Preis für Medizin 2003

Der Louis-Jeantet-Preis für Medizin ehrt jedes Jahr Wissenschaftler, die sich durch höchste Qualität in biomedizinischer Forschung in Europa auszeichnen. Die Louis-Jeantet-Stiftung für Medizin überreicht den Preisträgern eine Gesamtsumme von 1.2 Millionen Euro für die Durchführung ihrer neuen Forschungsprojekte.

Darüber hinaus erhält jeder Preisträger eine persönliche Zuwendung von 75’000 Euro. Der LOUIS-JEANTET-Preis 2003 fördert weitere Projekte von hervorragender Qualität in den Labors der Preisträger. Die Preisverleihung findet am Freitag, 11. April 2003 in Genf (Schweiz) statt.

Die Preisträger 2003 sind Wolfgang Baumeister (Martinsried bei München), Riitta Hari (Helsinki) und Nikos K. Logothetis.(Tübingen)

Wolfgang Baumeister ist berühmt für seine Arbeiten am Proteasom und die Weiterentwicklung der Elektronentomographie, die es ihm erlaubt hoch auflösende, dreidimensionale Bilder intakter Zellen und somit neue Einblicke in deren supramolekulare Strukturen zu gewinnen.

Riitta Hari ist bahnbrechend auf dem Gebiet der genauen zeitlichen und räumlichen Messung von Aktivierungssequenzen im menschlichen Gehirn von gesunden als auch kranken Personen bei der Ausführung spezifischer Aufgaben. Dafür hat sie entscheidend zur Entwicklung der Magnetenzephalographie beigetragen, einer nicht-invasiven Technik, die winzige Veränderungen des mit der Hirnaktivität assoziierten Magnetfelds nachweist.

Nikos K. Logothetis machte ganz ausserordentliche Fortschritte im Verständnis der Wahrnehmung visueller Bilder durch das Gehirn. Sein Ziel ist es abzuklären, wie verschiedene Regionen am Ursprung des bewussten Verhaltens liegen können. Er untersucht, welche neuronalen Aktivitäten erforderlich sind, um sich einem Objekt zu widmen, es zu erkennen, es im Gedächtnis zu behalten oder darauf einzuwirken.

Preisträger Professor Wolfgang Baumeister

Wolfgang Baumeister ist Direktor des Max-Planck-Instituts für Biochemie und Leiter der Abteilung für Molekulare Strukturbiologie in Martinsried bei München. Wolfgang Baumeister ist deutscher Staatsbürger. Er wurde 1946 geboren.

Die Architektur der Zelle besteht aus zahlreichen Membranen und Proteinkomplexen, die sich bis vor kurzem nicht in hoher Auflösung dreidimensional bildlich darstellen liessen. Die Wissenschaftler machten entweder mittels des Elektronenmikroskops zweidimensionale Bilder von Dünnschnitten oder sie brachen die Zellen auf, um einzelne Komponenten zu isolieren und zu analysieren. Dies hat sich mit den neuen Entwicklungen in der Kryo-Elektronentomographie durch Wolfgang Baumeister und seine Mitarbeiter weitgehend geändert. Auch diese Methode benutzt das Elektronenmikroskop, analysiert die Objekte jedoch in einem schockgefrorenen Zustand, wodurch sie ihre Struktur bewahren. Eine grosse Anzahl Bilder werden gleichzeitig unter verschiedenen Blickwinkeln aufgezeichnet und anschliessend von Computern wieder zu dreidimensionalen Bildern zusammengefügt. Zunächst leistete Wolfgang Baumeister wesentliche Beiträge zum Verständnis der Struktur und Funktion des Proteasoms, eines grossen Proteinkomplexes, der zum Proteinabbau in Zellen notwendig ist. Kürzlich ist es ihm nun mit Hilfe der Elektronentomographie gelungen solche Komplexe in ihrer natürlichen Umgebung in lebenden Zellen abzubilden.

Wolfgang Baumeister beabsichtigt, mit dem Louis-Jeantet-Preis für Medizin die Elektronentomographie zu noch höherer Auflösung weiterzuentwickeln und den dreidimensionalen Aufbau der molekularen Komplexe in den Synapsen von Nervenzellen zu untersuchen. Dies kann zum Verständnis der Veränderungen während der synaptischen Aktivierung beitragen. Er plant, seine Arbeitsgruppe um einen zusätzlichen spezialisierten Mitarbeiter zu erweitern.

Preisträgerin Professor Riitta Hari

Riitta Hari ist Professorin an der Akademie von Finnland und Leiterin der Arbeitsgruppe für Hirnforschung im Laboratorium für Niedrige Temperaturen an der Technischen Universität Helsinki. Riitta Hari ist finnische Staatsbürgerin. Sie wurde 1948 geboren.

Gehirnzellen kommunizieren über winzige elektrische Impulse miteinander, die wie alle Ströme von Magnetfeldern begleitet sind. Obwohl diese Felder äusserst schwach sind, können sie ausserhalb des Kopfes durch suprakonduktive Sensoren aufgezeichnet werden. Die als Magnetenzephalographie (MEG) bekannte Methode wird zur genauen zeitlichen und örtlichen Aufzeichnung der Gehirnaktivierungssequenzen benutzt. Während über 20 Jahren haben Riitta Hari und ihre multidisziplinäre Forschungsgruppe die Magnetenzephalographie (MEG) durch Fortschritte bei der Instrumentation und Signalanalyse verbessert. Sie haben die Magnetenzephalographie (MEG) zur Untersuchung sensorischer, motorischer und kognitiver Gehirnfunktionen bei gesunden Probanden eingesetzt, als auch neue klinische Routineverfahren zur Untersuchung und dem Follow-up von neurologischen und neurochirurgischen Patienten entwickelt. In den letzten Jahren hat Riitta Hari Gehirnregionen untersucht, die nicht nur an motorischen Bewegungen beteiligt sind, sondern auch durch die Beobachtung der Bewegungen einer anderen Person aktiviert werden. Dieses System von “Spiegelneuronen” scheint Beobachtung und Ausführung von Bewegungen zusammenzuführen und könnte sich daher als eine wichtige Grundlage im Gehirn zur sozialen Erkennung erweisen.

Mit dem Louis-Jeantet-Preis für Medizin möchte Riitta Hari die Auswirkungen beobachteten Schmerzes auf die Hirnaktivierung des Beobachters untersuchen. Sie hofft, mit ihrem Projekt weiter zu unserem Verständnis der neuralen Grundlage der sozialen Erkennung beizutragen. Es scheint möglich, dass die beteiligten Hirnareale die Bereiche darstellen, deren Funktion bei Störungen der sozialen Kommunikation, wie Autismus oder Schizophrenie, beeinträchtigt ist. Riitta Hari plant für dieses Projekt zwei neue Mitarbeiter anzustellen.

Preisträger Professor Nikos K. Logothetis

Nikos K. Logothetis ist Direktor des Max-Planck-Instituts für Biologische Kybernetik und Leiter der Abteilung für Physiologie kognitiver Prozesse in Tübingen. Nikos Logothetis ist griechischer Staatsbürger. Er wurde 1950 geboren.

Die von der Netzhaut aufgenommenen visuellen Bilder werden zuerst an eine Region des Thalamus weitergegeben, deren Neuronen auf Helligkeit und Farbe reagieren. Von hier gelangt die Information zur primären Sehrinde und danach zu einer Reihe anderer Rindenareale, um schliesslich den inferotemporalen Kortex zu erreichen. An jedem Ort sprechen bestimmte Neuronen selektiv auf verschiedene Aspekte der visuellen Stimuli an. Eine der zentralen Fragen ist es zu verstehen, wann und wo ein Stimulus ins Bewusstsein dringt. Nikos Logothetis und seine Mitarbeiter gehen dieser Frage nach indem sie die Grundlagen des visuellen Bewusstseins bei trainierten Affen untersuchen. Sie konnten aufzeigen, dass ein Bruchteil der Neuronen entlang der gesamten visuellen Nervenbahn für die bewusste Wahrnehmung verantwortlich sind. In seiner Arbeit kombiniert Nikos Logothetis vielfältige Techniken, um die Hirnaktivität gleichzeitig räumlich und zeitlich zu registrieren. Dies hat zu der Entdeckung geführt, dass änderungen des lokalen Sauerstoffgehalts, der im Allgemeinen in aktiven Hirnregionen mit Kernspintomographie gemessen wird, vielmehr das Ergebnis von eingehenden Signalen als von abgehenden Aktionspotentialen ist.

Mit dem Louis-Jeantet-Preis für Medizin möchte Nikos Logothetis seine bisherigen Ansätze mit neuen Methoden ergänzen, die über die Aktivität einzelner Neuronen Auskunft geben. Zu diesem Zweck möchte er neue biochemische Sonden entwickeln, die gleichzeitig zur neuronalen Aktivität darauf ansprechen. Nikos Logothetis plant die Anschaffung wichtiger Apperaturen für sein Projekt.

Eine detailliertere Beschreibung der Forschungsarbeiten der Preisträger erhalten Sie auf Anfrage per E-mail. Zusätzlich können Sie sich im Internet informieren.

Die Louis-Jeantet-Stiftung für Medizin wurde auf Grund des letzten Willens von Louis Jeantet, einem französischen Geschäftsmann, der 1981 in Genf (Schweiz) verstarb und eine beträchtliches Vermögen besass, gegründet.

Mit Sitz in Genf vergibt die Louis-Jeantet-Stiftung für Medizin jährlich einen der grösseren europäischen Preise, den Louis-Jeantet-Preis für Medizin. Sie will damit die innovative Forschung in der biomedizinischen Wissenschaft fördern.

Zusätzlich unterstützt die Louis-Jeantet-Stiftung für Medizin hochstehende Forschung an der medizinischen Fakultät der Universität von Genf indem sie ehrenamtliche Professoren schafft. Louis-Jeantet Professoren erhalten Mittel zur Forschung und Personal.

Der Louis-Jeantet-Preis für Medizin ist nicht dazu bestimmt frühere, bereits anerkannte Fortschritte zu würdigen, sondern will neue Forschungsprojekte von höchster Qualität fördern, die durch die Institution in der der Preisträger arbeitet mangels Mitteln nicht vollständig unterstützt werden können.

Preisträger müssen in der Grundlagen- oder klinischen Forschung der Medizin tätig sein und in einem Mitgliedstaat der Europarats arbeiten, obwohl sie nicht selber europäische Staatsangehörige sein müssen.

Seit seiner Gründung im Jahre 1986 wurde der Louis-Jeantet-Preis für Medizin an sechs-und-fünfzig Forscher in Europa vergeben: an siebenzehn in Grossbritannien, zwölf in der Schweiz, neun in Deutschland, neun in Frankreich, drei in Schweden, zwei in Belgien, zwei in den Niederlanden, einen in Finnland und einen in österreich.

Die Preisträger erhalten jeweils gemeinsam einen Preis von maximal 1.2 Millionen Euro für Forschungsprojekte, sowie einen persönlichen Preis. Die Gesamtsumme, die die Stiftung seit 1986 an sechs-und-fünfzig Preisträger verteilt hat, beläuft sich auf ungefähr 23 Millionen Euro.

Für zusätzliche Information wenden Sie sich bitte an:

Dr. Lukas KÜHN,
Sekretär des wissenschaftlichen Komitees
Louis-Jeantet-Stiftung für Medizin
Tel.: +4121 692 58 36 (direkt) (42 sekretariat)
E-mail: Lukas.Kuehn@isrec.unil.ch

Professor Wolfgang Baumeister
Abteilung für Molekulare Strukturbiologie
Max-Planck-Institut für Biochemie – Martinsried
Tel.: +4989 8578 2652/2642
Fax: +4989 8578 2641
E-mail: baumeist@biochem.mpg.de

Professor Riitta Hari
Brain Research Unit
Low Temperature Laboratory
Helsinki University of Technology – Helsinki
Tel.: +358 9 451 2959
Fax: +358 9 451 2969
E-mail: hari@neuro.hut.fi

Professor Nikos K. Logothetis
Abteilung für Physiologie kognitiver Prozesse
Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik – Tübingen
Tel.: +49 7071 601 651
Fax: +49 7071 601 660
E-mail: nikos.logothetis@tuebingen.mpg.de

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