Selbstmord von Pilzzellen – Zelltodprogramme sichern genetische Gesundheit

Internationale Fachtagung der Uni Göttingen zur molekularbiologischen Forschung an Pilzen

Mit einem gezielten Selbstmordprogramm zerstören sich genetisch beschädigte und deshalb für die Fortpflanzung ungeeignete Zellen des Hutpilzes Coprinus cinereus. Erkenntnisse zum zellulären Selbstmord beim Fortpflanzungsmechanismus des Pilzes von Forschern der Universität Göttingen und der University of Guelph (Kanada) wurden jetzt im Wissenschaftsmagazin Nature vorgestellt.

Mit einem gezielten Selbstmordprogramm zerstören sich genetisch beschädigte und deshalb für die Fortpflanzung ungeeignete Zellen des Hutpilzes Coprinus cinereus. Programmierter Zelltod tritt prinzipiell nicht nur bei Pilzen, sondern auch bei Pflanzen, Tieren und Menschen auf. Erkenntnisse zum zellulären Selbstmord beim Fortpflanzungsmechanismus des Pilzes von Forschern der Universität Göttingen und der University of Guelph (Kanada) wurden jetzt im Wissenschaftsmagazin Nature vorgestellt. Weitere Ergebnisse aus der Grundlagen- und anwendungsorientierten Forschung diskutieren rund 200 Wissenschaftler vom 3. bis 5. September 2003 an der Universität Göttingen. Dort findet die diesjährige Fachtagung „Molekularbiologie von Pilzen“ statt. In 36 Vorträgen und 110 Postern werden mikrobiologische, biotechnologische sowie medizinische Forschungsarbeiten der Mykologie vorgestellt. Die von der Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) unterstützte Konferenz wird von Göttinger Forschergruppen der Medizin, der Biologie, der Agrarwissenschaften und der Forstwissenschaften ausgerichtet. Das Programm kann im Internet unter www.pilztagung.uni-goettingen.de abgerufen werden.

Der von der Göttinger Mykologin Prof. Dr. Ursula Kües untersuchte Pilz ist im Deutschen unter dem Namen „Tintling“ bekannt, denn Lösungen seiner schwarzen Sporen dienten im Mittelalter als Tinte. „Sporen werden an den Lamellen der Pilzhüte produziert und sind das Resultat der Meiose. Meiose bezeichnet die sexuellen Kernteilungen, die von Zellkernen mit doppelten Chromosomensatz zu Kernen mit einfachen Chromosomensätzen führen“, erläutert Prof. Kües, die am Institut für Forstbotanik lehrt und forscht. Beim Menschen laufen gleichartige Prozesse bei der Produktion von Ei- und Spermazellen ab, die jeweils nur einen einfachen Chromosomensatz aufweisen. Wenn beim Hutpilz Coprinus cinereus die Meiose gestört ist, wird dies an den Pilzhüten erkennbar. Aufgrund der fehlenden Sporen können sie sich nicht von weiß zu schwarz verfärben. In solchen weißen Hutmutanten beobachteten die Forscher, dass in Zellen mit gestörter Meiose ein gezieltes Selbstmordprogramm abläuft, das zur Zersetzung der Chromosomen und der Zellen führt. Mit diesem Prozess werden intakten Zellen Nährstoffe zugeführt, die sonst verloren wären. „Ein ähnlich programmierter Zelltod scheint bei Fehlern in der Meiose von Mäusen zur Sicherung der genetischen Gesundheit der Art vorzukommen,“ so Prof. Kües. Zusammen mit ihren kanadischen Wissenschaftlerkollegen Prof. Dr. Benjamin Lu und Natasha Gallo publizierte sie die Ergebnisse ihrer Forschungen im Juni im Fachjournal „Fungal Genetics and Biology“.

Hinweis an die Redaktionen:
Die Fachtagung „Molekularbiologie der Pilze“ findet von Mittwoch, 3. bis Freitag, 5. September 2003 an der Universität Göttingen statt. Veranstaltungsort ist das Zentrale Hörsaalgebäude (ZHG), Platz der Göttinger Sieben 5.

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Ursula Kües
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie
Institut für Forstbotanik, Abteilung II: Molekulare Holzbiotechnologie
Büsgenweg 2, 37077 Göttingen
Telefon (0551) 39-7024, Fax (0551) 39-2705
e-mail:ukuees@uni-goettingen.de

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Marietta Fuhrmann-Koch idw

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