US-Spitzenforschung aus erster Hand: Karl Deisseroth spricht beim Neurologiekongress in Leipzig
Im Rahmen des Präsidentensymposiums wird er die von ihm wesentlich mitentwickelte Methode der Optogenetik vorstellen. Sie erlaubt es, spezifische Neuronen und Nervenzellnetzwerke im Gehirn von lebenden Tieren ein- und auszuschalten. So können Forscher kausale Zusammenhänge zwischen neuronaler Aktivität und Verhalten herstellen. Die Optogenetik hilft, Fehlfunktionen in neuronalen Schaltkreisen bei Erkrankungen aufzudecken, und bietet neue Ansatzpunkte für Therapien, etwa in der Tiefen Hirnstimulation.
Vom 20. bis 23. September 2017 tagen rund 6000 deutsche und internationale Experten für Gehirn, Rückenmark, Nerven und Muskeln in Leipzig. Der Jahreskongress der DGN zählt zu den größten Medizinkongressen in Deutschland. Besucher erwartet vier Tage lang ein Update des gesamten Spektrums der Neuromedizin – von Schlaganfall über Demenzen, Bewegungsstörungen, Multiple Sklerose und Epilepsie bis zu seltenen Erkrankungen.
„Wir dürfen in Leipzig auch herausragende Gastredner begrüßen“, freut sich Kongresspräsident Professor Joseph Claßen vom Universitätsklinikum Leipzig, der gemeinsam mit Kongresssekretärin Professorin Dorothee Saur, ebenfalls aus Leipzig, und der Programmkommission der DGN ein hochkarätiges Programm zusammengestellt hat.
Optogenetik und Clarity: neue Einblicke ins Zentralnervensystem
Karl Deisseroth, den das renommierte Fachblatt „Nature“ unlängst als „method man“ betitelte, gilt in der internationalen Forscherszene als Durchstarter. Das Labor des 45-jährigen Professors für Biotechnologie und Psychiatrie an der Stanford-Universität in La Jolla, Kalifornien, hat zwei Verfahren entwickelt, die der Neurowissenschaft neue Einblicke in die Anatomie und Funktionsweise des Nervensystems ermöglichen:
Die Clarity-Technik, ein innovativer Ansatz, Hirngewebe von verstorbenen Menschen und Tieren mit Hydrogel zu präparieren, erlaubt es Forschern, tief in die Nervenzellgeflechte des Gehirns hineinzusehen – es quasi durchsichtig zu machen. Die Optogenetik wiederum ermöglicht eine Kontrolle von Nervenzellaktivität durch Licht. Als Ein- und Ausschalter der Nervenzellen fungieren dabei spezielle, auf Licht reagierende Eiweißstoffe (Rhodopsine). Deisseroth und seinem Team ist es gelungen, Gene mit dem Bauplan für diese „Lichtschaltereiweiße“ in die Hirnzellen von lebenden Mäusen zu schleusen und das Verhalten der Tiere per Laser zu steuern.
Karl Deisseroth ist Mitglied der US-amerikanischen National Academy of Sciences, Investigator am Howard Hughes Medical Institute und seit 2014 Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften in Deutschland. Er war einer der Köpfe der milliardenschweren U.S.BRAIN Initiative, die 2013 von einer kleinen Gruppe von Neurowissenschaftlern und der Obama-Regierung ins Leben gerufen wurde. Die Else Kröner-Fresenius-Stiftung hat dem bereits vielfach ausgezeichneten Forscher 2017 den mit vier Millionen Euro dotierten Else Kröner-Fresenius-Preis für Medizinische Forschung verliehen. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ spricht von Deisseroth als einem „Wissenschaftler mit dem Potenzial, die Medizin zu revolutionieren“.
Die Optogenetik erreicht die Klinik
„Deisseroths Arbeiten erlauben atemberaubende neue Einsichten in die Pathogenese neuropsychiatrischer Erkrankungen“, sagt Kongresspräsident Professor Claßen. „Kaum ein Ansatz hat die Neurowissenschaft im vergangenen Jahrzehnt so stark nach vorne gebracht wie die Optogenetik.“ Seit den ersten wegweisenden Veröffentlichungen vor mehr als zehn Jahren wird die Methode inzwischen in Laboren weltweit angewendet. Forscher erwarten von der Methode wesentliche Innovationen für die Therapie neuropsychiatrischer Erkrankungen. „Die Optogenetik hilft zum Beispiel, die Funktionsweise von Hirnstimulationsverfahren aufzuklären und diese Behandlungstechniken, etwa bei Parkinson, zu verbessern“, erklärt Claßen.
Präsidentensymposium mit weiteren herausragenden internationalen Referenten
Im Rahmen des in diesem Jahr englischsprachigen Präsidentensymposiums erörtert ein renommiertes internationales Panel Netzwerkerkrankungen, ihre Erforschung und die daraus entstehenden Therapieansätze. Neben Professor Karl Deisseroth werden Professor Nikolaus Weiskopf vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig, Professor John W. Krakauer, Neurologe und Neurowissenschaftler aus Baltimore (USA), und Professor Matthew Lambon Ralph aus Manchester (Großbritannien) ihre Arbeiten präsentieren.
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