Free cooling? Mit natürlicher Kraft zur optimalen IT-Energiebilanz
IT-Verantwortliche stehen kontinuierlich vor der Herausforderung, die laufenden Betriebskosten im Rechenzentrum zu optimieren. Ein großer Kostenblock ist die zur Kühlung benötigte Energie. Warum also nicht auf die Freikühlung setzen und frische Luft in das Rechenzentrum blasen?
Der folgende Beitrag stellt Konzepte vor, wie Unternehmen kaltes Wasser oder kühle Umgebungsluft dazu nutzen, die Energieeffizienz im Rechenzentrum zu optimieren. Darüber hinaus gibt er Hinweise, was Firmen bei der Nutzung von Freikühlung beachten sollten.
Wer von Freikühlung im Zusammenhang mit Klimatechnik redet, meint damit nicht ein vollständig kostenfreies System zur IT-Kühlung. Vielmehr geht es darum, die Nutzung von Kompressor basierten Kältemaschinen soweit wie möglich zu reduzieren.
Im Idealfall bis zu einem Punkt, an dem nur noch Energie für die Lüfter des Freikühlers und für eventuelle Pumpen für das Kaltwasser benötigt wird. Die Effizienz des Gesamtsystems hängt daher sehr stark von den jeweiligen klimatischen Bedingungen vor Ort ab: Ein Rechenzentrum in Skandinavien wird deutlich günstiger arbeiten als an einem Standort in Südeuropa.
Wie funktioniert Freikühlung?
Bei der Freikühlung nutzen die Anlagen das Konvektionsprinzip: Dem zu kühlenden Medium, meist ein Wasser-Glykol-Gemisch, wird mittels der Umgebungsluft die Wärme entzogen. Dies erfolgt über einen im Außenbereich aufgestellten Freikühler. Dieser kann zum Beispiel einen Lamellenwärmetauscher oder eine vergleichbare Technologie enthalten, durch den das warme Wasser strömt. Hierbei wird dem Wasser ihre Wärme entzogen.
Je größer die Kontaktfläche der Lamellen ist, desto effizienter arbeitet das System. Über zusätzliche Ventilatoren lässt sich die durchströmende Luftmenge erhöhen und damit die Kühlleistung steigern. Der Lohn des Aufwands: ein geringer Energieaufwand für die Kälteerzeugung. Die erreichbare Vorlauftemperatur liegt jedoch hierbei nur knapp über der Umgebungsluft. Als Richtwert bei der Auslegung arbeiten Klimatechniker mit etwa plus drei Grad Celsius.
Direkte Freikühlung: Vor- und Nachteile
Bei der Realisierung der Freikühlung wird unterschieden in direkte und indirekte freie Kühlung. Die direkte Freikühlung nutzt das Kühlmedium möglichst direkt, um damit die entstehende Wärme im Rechenzentrum zu eliminieren. Beispielsweise nutzen große Rechenzentrumsbetreiber mit homogenen Umgebungen die Außenluft direkt zur Kühlung – blasen also tatsächlich die Außenluft in das Rechenzentrum. Ein Beispiel hierfür liefert das selbstkühlende Rechenzentrum von Yahoo im US-Bundesstaat New York nahe der Grenze zu Kanada.
Hier wurden die Gebäude quer zur vorherrschenden Windrichtung aufgestellt und mit einem über die Gesamtlänge laufenden Dachaufsatz versehen, ähnlich einem Hahnenkamm. Daher hat das eigenwillige Design auch den Spitznamen Hühnerstall erhalten. Über Lamellen in den Seitenwänden strömt die kalte Luft ins Gebäude, während die warme Luft über die Dachkonstruktion abgeführt wird. Im Idealfall wird bei dieser Lösung lediglich für die Luftbewegung durch Lüfter zusätzliche Energie benötigt.
So einfach wie das Prinzip klingt, so kompliziert ist es, die prinzipiellen Nachteile dieser Methode auszugleichen. Die einströmende Luft muss nämlich über Filteranlagen gereinigt werden. Außerdem sind Maßnahmen notwendig, um wetterbedingte Temperaturschwankungen auszugleichen. Über einen Mischer lässt sich beispielsweise einer zu kalten Außenluft gezielt warme Abluft aus dem Rechenzentrum zuführen.
Bei zu warmen Außentemperaturen muss jedoch ein Kältekompressor hinzugeschaltet werden. Eine weitere Herausforderung ist die sich ständig verändernde Luftfeuchte, beispielsweise durch Regen. Zu feuchte, aber auch zu trockene Luft, kann die Lebensdauer der IT-Komponenten negativ beeinflussen. Die zum Ansaugen der frischen Luft notwendigen Kanäle sind meist sehr groß und verlangen einen sicheren Schutz vor Nagetieren und Insekten.
Adiabatische Kühlung: Achtung Keimbildung
Mit dem Prinzip der adiabatischen Kühlung steht eine ergänzende Technologie bereit, um die Effizienz der direkten Freikühlung zu verbessern. Noch bevor die einströmende Luft auf einen Wärmetauscher trifft, wird sie mit zerstäubtem Wasser versetzt. Die feinen Tropfen führen dazu, dass das Wasser in dem warmen Luftstrom sofort verdunstet. Bei diesem Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Zustand findet eine thermodynamische Zustandsänderung statt, durch die das Wasser der umgebenden Luft Wärme entzieht. So ist es möglich, die Vorlauftemperatur eines Kühlsystems zusätzlich zu senken.
Eine der Herausforderungen dieser Methode liegt in der Gefahr einer Keimbildung. Überall dort, wo mit Wasser gearbeitet wird, besteht die Gefahr von Legionellenbildung. Daher sind zusätzliche Schutzmaßnahmen notwendig, beispielsweise durch regelmäßige Reinigung, einen hohen Wasserdurchsatz oder die Abschirmung gegen Sonnenlicht. Insgesamt betrachtet bieten adiabate Kühlsysteme viel Potenzial für die Energieoptimierung, verlangen jedoch eine präzise Planung und einen erfahrenen Experten für die Umsetzung.
Wer viel Wasser nutzt, sollte den Verbrauch im Blick haben: Für die Verwendung im Rechenzentrum definierte der Verband „The Green Grid“ daher die Kennzahl Water Usage Effectiveness (WUE). Mit dieser Kennzahl wird der jährliche Wasserverbrauch in Relation zum Stromverbrauch der aktiven IT-Komponenten gesetzt. Die Einheit der WUE-Kennzahl ist Liter pro Kilowattstunde (l/kWh). Die Auswertung dieser Angabe kann im Rahmen der Ermittlung weiterer Verbrauchswerte erfolgen und trägt so dazu bei, die laufenden Kosten für den IT-Betrieb zu optimieren.
Indirekte freie Kühlung: Saubere Lösung
Wer für eine mittlere IT-Infrastruktur von bis zu rund 200 kW ein Kühlkonzept sucht, wird sich in unseren Breitengraden meist für eine indirekte Kühlung entscheiden. Dies gilt insbesondere für Unternehmen aus dem Mittelstand, die nicht über die Ressourcen verfügen, außergewöhnliche Kühlsysteme zu entwickeln.
Bei den indirekten Systemen kühlt die Außenluft eine Wärmeträgerflüssigkeit wie Wasser, die für die Kühlung innerhalb des Gebäudes verwendet wird. Das Wasser ist also das Medium, mit dem die Kälte in das Rechenzentrum transportiert wird – immerhin leitet Wasser die Wärme bis zu 4.000-mal besser ab als Luft. Ein weiterer Vorteil: Es wird keine Luftfeuchtigkeit von außen in das Gebäude getragen. Da auch keine Kühlluft von außen in das Rechenzentrum geblasen wird, sind weniger Filtersysteme notwendig. Allerdings müssen mindestens ein Luft-/Wasser-Wärmetauscher sowie Pumpen im Kaltwassersystem vorhanden sein, der zum Betrieb elektrische Energie benötigt.
Viele Unternehmen bevorzugen eine solche Lösung mit indirekter Kühlung, da diese sauber ist und stabil sowie vorhersagbar arbeitet. Schwankende Wetterbedingungen und durch die Jahreszeiten ausgelöste Temperaturänderungen fängt diese Methode sehr gut auf.
Effizientes Beispiel: Lefdal Norwegen
Ein Beispiel hierfür ist das Lefdal Mine Datacenter, ein hochskalierbares und effizientes Cloud-Rechenzentrum, das derzeit in einer stillgelegten Mine an der norwegischen Küste entsteht. Die Entwickler setzen auf eine effiziente Kühlung über Meerwasser aus dem anliegenden Fjord. Das rund acht Grad kalte Wasser kühlt in einem Wärmetauscher das Wasser im Sekundärkreis des Rechenzentrums. Da Wetter- und Temperaturbedingungen recht beständig sind, haben die Betreiber das thermodynamische System sehr stabil unter Kontrolle. Einzig das aggressive Meerwasser verlangt den Einsatz von titaniumbeschichteten Oberflächen innerhalb des primären Kühlkreislaufes.
Praxis-Tipp: Individuelles Kühlkonzept
Wie das Lefdal-Beispiel zeigt, ist für manche Systeme eine minimale Last des Rechenzentrums notwendig, um zu kaltes Wasser aufzuwärmen. Daher muss bei der Auslegung eines Kühlsystems zu Beginn eine Bewertung der minimalen Last erfolgen, die für den Betrieb notwendig ist. Ein weiterer wichtiger Punkt für die Praxis: Ein Kühlkonzept sollte immer individuell ausgelegt und berechnet werden. Anbieter wie Rittal verwenden beispielsweise aktuelle Wetterdaten, um die Temperaturen für eine Freikühlung an den jeweiligen Standorten individuell zu berechnen. Weitere bedeutende Parameter sind die Luftfeuchte und der Taupunkt. Die notwendigen Richtlinien für diese Parameter liefert der weltweit anerkannte Industrieverband ASHRAE. Gemeinsam mit den Herstellern werden hier Bedingungen definiert, unter denen eine IT-Umgebung sicher betrieben werden kann. Daher ist es beispielsweise zulässig, einen Server auch bei einer Umgebungstemperatur von 25 Grad zu betreiben.
Fazit
Die in großen Rechenzentren wie bei Facebook, Google oder anderen Hyperscalern verwendeten Kühlkonzepte kann man in der Regel nicht so einfach kaufen und adaptieren. Dies sind individuell konzipierte Lösungen, unter Berücksichtigung der IT-Infrastruktur, der Nutzung der Systeme sowie der Umgebungstemperaturen. Wer auf Nummer sicher gehen will, wählt eine geschlossene Kühllösung, die man selbst über alle Parameter des Kühlkreislaufs hinweg kontrollieren kann. Denn nur wer Unwägbarkeiten wie das Wetter aus der Gleichung streicht, bekommt eine stabile und vor allem ausfallsichere IT-Infrastruktur.
Über Rittal
Rittal mit Sitz in Herborn, Hessen, ist ein weltweit führender Systemanbieter für Schaltschränke, Stromverteilung, Klimatisierung, IT-Infrastruktur sowie Software & Service. Systemlösungen von Rittal kommen in nahezu allen Branchen, vorwiegend in der Automobilindustrie, in der Energieerzeugung, im Maschinen- und Anlagenbau sowie in der ITK-Branche zum Einsatz. Mit rund 10.000 Mitarbeitern und 58 Tochtergesellschaften ist Rittal weltweit präsent.
Zum breiten Leistungsspektrum gehören Infrastrukturlösungen für modulare und energieeffiziente Rechenzentren mit innovativen Sicherheitskonzepten zur physischen Daten- und Systemsicherung. Die führenden Softwareanbieter Eplan und Cideon ergänzen die Wertschöpfungskette durch disziplinübergreifende Engineering-Lösungen, Rittal Automation Systems durch Automatisierungslösungen für den Schaltanlagenbau.
Rittal wurde im Jahr 1961 gegründet und ist das größte Unternehmen der inhabergeführten Friedhelm Loh Group. Die Friedhelm Loh Group ist mit 18 Produktionsstätten und 78 Tochtergesellschaften international erfolgreich. Die Unternehmensgruppe beschäftigt über 11.500 Mitarbeiter und erzielte im Jahr 2015 einen Umsatz von rund 2,2 Milliarden Euro.Zum achten Mal in Folge wurde das Familienunternehmen 2016 als Top Arbeitgeber Deutschland ausgezeichnet.
Weitere Informationen finden Sie unter www.rittal.de und www.friedhelm-loh-group.com
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